"Wir werden euer Rom erobern, eure Kreuze zerbrechen und eure Frauen versklaven"
Der Islamische Staat rechtfertigt die Sklaverei und den Krieg gegen die Kurden, auch Deutschland steht im Visier
Eben kam das neue, auf westliche Leserschaft ausgerichtete Magazin Dabiq des Islamischen Staats heraus. Es ist bereits das vierte Fanzine für die blutlüsternen Gotteskrieger und ganz im Stile der Magazine gemacht, die zuvor von Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) unter dem Titel Inspire produziert wurden. Eingeführt wurde das reich bebilderte Magazin 2010, möglicherweise unter Leitung des technikaffinen, aus den USA stammenden Imams Al-Awlaki, der im September 2011 durch eine US-Drohne in Jemen getötet wurde.
Aufgerufen wurde in Inspire immer wieder zu Anschlägen im Westen. Propagiert wurde die Idee eines Open-Source-Dschihads. Menschen in den USA oder anderswo sollten gar nicht erst in Trainingslager oder in Kriegsgebiete reisen, sondern möglichst allein aufgrund von Vorschlägen gewissermaßen als "lone wolves" Anschläge ausführen, weil sie dann bis zum Anschlag der Beobachtung entgehen könnten. Im Heft 12 von Inspire, erschienen im März 2014, wurde zu Autobombenanschlägen in den USA aufgerufen, ist die Rede vom 24/7-Terrorismus, verweist man gerne darauf, wie Inspire und Lone Wolf in den USA erwähnt werden, wird ein fingiertes Interview mit Obama präsentiert und geworben, endlich loszuschlagen:
For how long will you live in tension? Instead of just sitting, having no solution, Simply stand up, pack your tools of destruction. Assemble your bomb, ready for detonation.
Im vierten Heft von Dabiq wird gleich zu Beginn auf Al-Sarkawi verwiesen, der davon gesprochen habe, dass die Fackel im Irak entzündet wurde und dass schließlich die Kreuzfahrerheere in Dabiq verbrennen würden. Der Jordanier Al-Sarkawi war der al-Qaida-Führer im Irak, unter dem die brutale Kriegsführung und die mediale Ästhetisierung des Tötens entwickelt wurden. 2006 wurde er von den Amerikanern getötet und seine Leiche wie eine Ikone präsentiert. Im Vorwort wird gesagt, man habe ein Versprechen von Allah erhalten, dass der vom IS vertretene Islam siegen werde. Versprochen wird apokalyptisch, sich im letzten Dschihad zu befinden: "Wir werden euer Rom erobern, eure Kreuze zerbrechen und eure Frauen versklaven."
Auffällig ist die permanente Verquickung von Religion, Gewalt und Heilsversprechen. Es werden Koranverse zitiert, begleitet von Fotos von Panzern, Raketen oder Artilleriesystemen. Allein die Waffenstilleben sollen wohl Anhänger anziehen, wenn Mitglieder des IS gezeigt werden, sind Waffen sowieso obligatorisch. Und das Vorführen der getöteten Feinde, möglichst in Massen, soll die Überlegenheit und die Kaltblütigkeit demonstrieren, die ihre Feinde cool im Namen Allahs abschlachten, ähnlich wie die Nazis die Juden in ihren Todesmaschinerien getötet haben. Es sind Propagandahefte, die eher zum Durchblättern gedacht sind, da die Texte in aller Regel mit Zitaten aus dem Koran und der Hadithe gespickt und nur mühsam zu lesen sind. Vielleicht ist es auch die Abgehobenheit dieses Fundamentalismus, die neben dem versprochenen Abenteuerleben im Dienst eines blutrünstigen und grausamen Gottes auch die Texte und Rituale für junge Menschen aus dem Westen interessant macht.
Man bekämpfe die Kurden nicht, weil sie Kurden sind, sondern man bekämpfe "die Ungläubigen, die Alliierten der Kreuzfahrer und der Juden". Der Islamische Staat, so wird versichert, führe einen Religionskrieg, keinen nationalistischen. Die muslimischen Kurden seien "Brüder", es gebe auch viele Kurden unter den Kämpfern des IS. Kobane wird bereits bezeichnet als Ayn al-Islam. Und es werden die Siege über die PKK gefeiert.
Die Jesiden seien selbst im Westen als "Teufelsanbeter" bezeichnet worden. Es sei ironisch, dass Obama die US-Intervention mit Berufung auf deren Schutz gerechtfertigt habe. Dazu habe er mit den Peschmerga kooperiert: "Söldnergangs, die mit der marxistischen PUK und der marxistischen PKK verbunden sind." Das seien nach Ansichten des Westens Terrororganisationen. Man habe nachgeforscht, ob die Jesiden ursprünglich islamisch waren und dann abgefallen sind, und sei zu dem Schluss gekommen, dass ihre Religion vor dem Islam entstanden ist und nur einige Aspekte aus dem Islam, dem Christen- oder Judentum aufgenommen habe. Daher gebe es keinen Raum für eine Dschizya-Abgabe, wie sie Christen und Juden auferlegt werden können, deren Frauen allerdings auch versklavt werden dürfen.
Die gefangenen Frauen und Kinder der Jesiden seien gemäß der Scharia nach den Kämpfen in Sindschar zwischen den Kämpfern und der Führung des Islamischen Staats aufgeteilt worden. Die Jesidenfamilien würden nun von den IS-Kämpfern verkauft. Es würden aber viele Regeln eingehalten, wird das unmenschliche Verhalten gerechtfertigt. So würden Müttern von ihren "kleinen" Kindern nicht getrennt, und überhaupt hätten viele Frauen und Kinder den islamischen Glauben "freiwillig" übernommen.
Allgemein wird die Wiedereinführung der Sklavenhaltung durch die wörtliche Auslegung der Schriften gerechtfertigt. Zudem sei die Verfügung über versklavte Konkubinen gut, weil der Mann dann keinen Ehebruch begeht oder aufgrund seines Sexbedürfnisses den Dschihad verlässt.
Im Zuge der Darlegung, warum derzeit mit dem Islamischen Staat der ultimative Dschihad stattfindet, werden manche überraschende Erkenntnisse geäußert. So hätten Bush und Obama alles dafür gemacht, um den Einfluss Russlands und des Iran in der Region zu stärken. Die USA hätten den Irak den Iranern geöffnet, "die nun das Öl ausbeuten, die Schätze plündern und die Menschen versklaven". Die US-Regierung würde die schiitische Milizen unterstützen. Iran und Irak sind wieder die stärksten Alliierten des Assad-Regiems. In Syrien habe man durch das Embargo das Land für Tausende von Schiiten der Hisbollah geöffnet, die sich in Syrien angesiedelt haben oder für Assad kämpfen.
Jedenfalls wird allen Ländern mit Anschlägen gedroht, die der Allianz gegen den IS beitreten oder beigetreten sind. Besonders genannt werden die USA, Großbritannien, Frankreich, Australien und Deutschland: "Die Bürger der Kreuzfahrerstaaten sollen überall angegriffen werden, wo sie zu finden sind. Die Aufrufe sind eindeutig: "Jeder Muslim sollte aus einem Haus gehen, einen Kreuzfahrer finden und ihn töten." Wichtig sei, dass die Morde dem IS zugeschrieben werden. Schließlich werden auch die Vorwürfe von gefangenen Journalisten an ihre Regierungen veröffentlicht, die sie machten, um sich zu retten, oder die sie auf Geheiß des IS formulierten, nur um dann wie Sotloff geköpft zu werden. Der Brite John Cantlie wurde bislang am Leben gelassen, aber bereits vier Videos mit ihm gemacht, in denen er die Regierung zu Verhandlungen auffordert.