Wissenschaftsfeinde und Wildschweine

Seite 2: Die Verzagten

Es scheint sich eine Debatte unter Klimawissenschaftlern zu entwickeln, ob das Pariser Klimaziel, die globale Erwärmung möglichst auf maximal 1,5 Grad Celsius zu beschränken, noch machbar ist.

Die Australische Akademie der Wissenschaften hat in einem Bericht festgestellt, wie die britische Zeitung Guardian schreibt, dass das Ziel kaum noch erreichbar sei.

Die Akademie kommt offenbar zu dem Schluss, indem sie konservative Schätzungen von Rückkoppelungen im Kohlenstoffkreislauf berücksichtigt. Das heißt, sie berücksichtigt auch Treibhausgase, die durch die Erwärmung aus der Biosphäre oder den Ozeanen freigesetzt werden. Humusböden geben zum Beispiel bei Trockenheit viel CO2 ab, ebenso vermehrte Waldbrände.

Die Erwärmung des Ozeans führt außerdem mittelfristig voraussichtlich dazu, dass dieser der Atmosphäre weniger CO2 entziehen kann, sich also ein größerer Teil der menschlichen Emissionen in der Atmosphäre anreichert. Entsprechende Beobachtungen werden bereits gemacht.

Der Potsdamer Physiker und Ozeanograph Stefan Rahmstorf hält dem auf Twitter entgegen, dass das Ziel physikalisch betrachtet noch zu erreichen sei, wenn die Emissionen entsprechend drastisch und rasch reduziert würden.

Diejenige, die es als unmöglich bezeichnen, hätten meist politische Argumente wie die Zahl der neuen Kohlekraftwerke oder ähnliches. Zwischen Politik und Physik müsse aber unterschieden werden und man solle die Politiker nicht aus der Verantwortung entlassen.

Die Gefährlichen

In Sachsen hat man nicht so viele Probleme, wenn rechtsextreme Demonstranten Journalisten angreifen, aber wehe ein paar Jugendliche fangen an, ein bisschen Müll einzusammeln. Das hatten sich im sächsischen Zittau am Karfreitag 15 Schülerinnen und Schüler der örtlichen Fridays-for-Future-Gruppen vorgenommen.

Weil sie die Tüten mit dem eingesammelten Müll auf dem Marktplatz zur Schau gestellt haben und das Ganze auch noch mit dem Wunsch nach Klimaschutz verbanden, bekamen sie von der örtlichen Polizei, wie diese berichtet, Anzeigen wegen eines vermeintlichen "Verstoß gegen das Versammlungsgesetz".

Schließlich weisen ja inzwischen schon einige Landesbehörden des NSU-Unterstützungsgeheimdienstes darauf hin, dass Klimaschützer unbedingt wegen ihrer radikalen Umtriebe beobachtet werden müssen.

Ist ja auch wirklich unerhört, diese schöne Ordnung infragezustellen, in der Braunkohleunternehmen entschädigt werden, wenn sie ein Kraftwerk stilllegen, das Strom für ihre Bergbaumaschinen erzeugt. So geschieht es derzeit der Mibrag im sachsen-anhaltinischen Deuben, wie der MDR berichtet.

Das Kraftwerk gilt laut Wikipediaals Deutschlands älteste vergleichbare noch arbeitende Anlage. Gebaut 1936, wurden zuletzt vor 28 Jahren größere Teile erneuert. Mit anderen Worten: Eigentlich ein längst abgeschriebenes Kraftwerk, das zudem noch von der tschechischen EP Energy (100-prozentige Tochter der EPH, der auch die Leag gehört) sehr günstig erworben worden sein dürfte.

Die Wildschweine

Derweil hat ein Beitrag des ZDF kürzlich dokumentiert, was auf die Öffentlichkeit nach der Stilllegung der Tagebaue zu kommt, wenn sich die einzigen Eigner längst davon gemacht haben. Am Beispiel eines geplanten Tagebausees im Rheinland wird über allerlei Bergschäden berichtet.

Das Problem ist vor allem die mangelhafte Stabilität des Geländes. Schon ohne Wasser kommt es in den an die Tagebaue angrenzenden Dörfern zu Absenkungen. Die Gruben müssen nämlich nicht wie Windräder in Sachsen, Bayern und NRW einen Kilometer oder mehr Abstand zu den Dörfern halten, sondern kommen deutlich näher an diese heran.

Der Beitrag erinnert unter anderem an das Abrutschen eines größeren Uferabschnitts im sächsischen Knappensee vor vier Wochen. Die Erdmasse verursachte einen Mini-Tsunami, der auf der gegenüberliegenden Seite der alten Grube einige Gebäude schwer beschädigte.

Auch ein besonders tragischer Fall aus dem Jahre 2009 wird kurz erwähnt, als im sachsen-anhaltinischen Nachterstedt zwei Wohnhäuser in einen alten Bergbausee rutschten und drei Menschen starben.

Überhaupt zeigt eine kleine Google-Suche, dass Gruben - ob mit Wasser aufgefüllt oder noch leer - recht häufig in der Nachbarschaft Schäden anrichten. Mal rutschen Straßen ab, mal gerät teures Bergbaugerät in Gefahr, mal ganze Inseln, zumindest, wenn Wildschweine ein wenig nachhelfen.

Aber vielleicht wurden die ja auch nur als Sündenböcke vorgeschoben, damit das ganze - sei es für die Versicherung, sei es für die Öffentlichkeit - den Anschein höherer Gewalt bekommt.

Sonst käme ja vielleicht noch jemand auf die Idee, die mehrere Milliarden Euro an Abschaltprämie für alte Kraftwerke sollten lieber in einen Fonds für die Behebung von Bergschäden gesteckt werden. Irgendjemand muss ja für die Ewigkeitskosten der billigen Kohle aufkommen, nicht wahr?