Wo soll ich mich in Reih und Glied stellen?

Zwei Wochen US-Fernsehberichterstattung zum Irak-Konflikt

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Wie anders könnte die Welt aussehen, wenn das amerikanische Volk von all den Dingen wüsste, die seine Medien ihm vorenthalten!

Mark Hertsgaard in: "Im Schatten des Sternenbanners"

Eine interessante Studie ("In Iraq Crisis, Networks Are Megaphones for Official Views") der New Yorker Medienbeobachter Fairness and Acuracy in Reporting analysiert zwei Wochen Fernsehberichterstattung zum Irak-Konflikt in einer "heißen" meinungsbildenden Phase (30.1.03 - 12.2.03).

Es sind große Namen wie ABC, CBS, NBC, PBS - und sie verfügen über ordentlich viel Macht, Macht, die sie zur Zementierung der herrschenden Verhältnisse einsetzen, wie FAIR konstatiert. Diese Analyse kommt nicht überraschend in einem Land, in dem - wie in den USA - über 50 Prozent des gesamten Medienmarktes in der Hand von zehn Konzernen liegen. Wie ungeniert und dreist radikale Meinungsbildung gemacht wird, zeigt das nüchterne Fazit von zwei Wochen Fernsehen dennoch recht eindrücklich. Ein Beispiel: 267 von 393 eingeladenen Studiogästen sind US-Amerikaner, davon arbeiten 199 für Regierung oder Militär oder haben dafür gearbeitet. Nur einer von ihnen allen drückt - vorsichtige - Zweifel an einem Irak-Krieg aus (interessant wäre auch gewesen, wie viele Frauen eingeladen werden, dies ist jedoch eine Frage, die der Bericht von FAIR nicht beantwortet).

Das Strickmuster der TV-Journalisten: Hole einen Militär vor die Kamera und lass ihn reden, bis die Zeit um ist. Bei der nächsten Sendung darf ein Regierungsangehöriger etwas sagen. Dann wieder ein Militär. Dass auch viele der Moderatoren ehemalige Militärs sind, macht die einträchtigen Runden noch gemütlicher, zusätzlich gibt es "Milatainment" Reality Shows wie Profiles from the Front Line und Military Diaries.

Bild: Military Diaries, VH1

Die US-Fernsehnachrichten und die ausländischen Medien berichten über zwei verschiedene Planeten.

Paul Krugman, New York Times

Auch wenn es um Sex (nicht vor der Ehe!), Abtreibung (naain!) oder Hip Hop (böse!) geht, lassen die Journalisten saftige Kommentare regnen: je hemdsärmeliger und pseudovolksnäher, je lieber.

Aber man sollte den amerikanischen Rezipienten nicht unterschätzen. Zunehmend holt er sich im Netz, was die heimischen Quellen nicht bieten. Nicht-amerikanische und weniger eindimensionale Nachrichtenquellen wie der Guardian, die BBC oder Ha'aretz werden zunehmend auch von Amerikanern besucht.

George Bush ist der Präsident....Wenn er will, dass ich mich in Reih und Glied stelle, muss er mir nur sagen wo.

Dan Rather, preisgekrönter Journalist und Buchautor, Moderator von CBS Evening News