Wohnungsnot: Zwei Prozent ohne Bleibe in London – bald auch in Deutschland?

Nicht alle Betroffenen schlafen permanent auf der Straße. Aber auch deren Zahl wächst. Symbolbild: ArtTower / Pixabay Licence

Sozialer Wohnungsbau in Deutschland hinkt Anspruch hinterher. Britische Hauptstadt zeigt Konsequenzen. Was jetzt bei uns getan werden müsste.

Immobilienkrise und Wohnungsnot gelten in London bereits als "unbeherrschbar", wie es in einem Bericht des Evening Standard von diesem Donnerstag heißt. Zwei von 100 Personen in der britischen Hauptstadt haben nach Angaben der parteiübergreifenden Dachorganisation London Councils kein Zuhause mehr.

Nicht alle schlafen demnach direkt auf der Straße – in provisorischen Unterkünften der Bezirke leben fast 170.000 Menschen – darunter 83.500 Kinder.

Manche der Betroffenen kommen auch vorübergehend bei Freunden oder Bekannten unter. Allerdings sind laut dem Bericht 15 Prozent der Londoner Haushalte durch die hohen Lebenshaltungskosten von Wohnungslosigkeit bedroht und benötigen Unterstützung.

Es mangelt also weniger an Wohnraum an sich als an bezahlbarem Wohnraum. Insofern könnte London als mahnendes Beispiel für Deutschland dienen: Seit 2007 hat sich hier die Zahl der Sozialwohnungen nahezu halbiert – von damals 2.033.900 auf 1.087.571 Ende 2022. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundesregierung auf eine Anfrage der Abgeordneten Caren Lay (Die Linke) hervor.

Wegfall der Preisbindung eines der Hauptprobleme

Unterm Strich gibt es damit rund 14.000 Sozialwohnungen weniger als ein Jahr zuvor – obwohl zumindest 22.545 neu gebaut wurden. Dafür fielen aber 36.500 aus der Preisbindung, die für öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau nur befristet gilt.

Seit Jahrzehnten werden zu wenige Sozialwohnungen neu gebaut, um die jährlich aus der Bindung fallenden auszugleichen.

"Das Ziel der Ampel-Regierung, 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr zu erreichen, wird damit krachend verfehlt", erinnerte Lay am Dienstag. Der Anteil der Sozialwohnungen am gesamten Wohnungsneubau liege zur Zeit nur bei 7,6 Prozent. Die Oppositionspolitikerin fordert daher das Prinzip "Einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung".

Dem steht allerdings ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2019 entgegen. Demnach können Immobilienunternehmen bei öffentlicher Förderung zwar jahrzehntelang, aber nicht unbefristet zum Angebot von Sozialwohnungen verpflichtet werden. Nicht einmal dann, wenn die Kommune dem privaten Investor günstig Bauland überlassen hat.

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