Wundermittel 5G?
Derzeit werden die Frequenzen für 5G versteigert. Industrie und Bauern erhoffen sich Vorteile
Wer sich in Deutschland abseits der großen Städte bewegt, kennt sie, die Funklöcher. Dass hier die für die geplante fünfte Mobilfunkgeneration vorgesehenen Frequenzen so schnell Abhilfe schaffen könnten wie von Vielen erhofft, erscheint aus verschiedenen Gründen äußerst fraglich.
Einerseits wurden mehrere der aktuell versteigerten Frequenzblöcke schon früher versteigert und stehen erst ab 2026 wieder zur Verfügung. Andererseits wird die Zahl der Mobilfunkmasten aufgrund der kürzeren Reichweiten der jetzt vergebenen Frequenzen deutlich ansteigen und nach Aussage von Bitkom-Präsident Achim Berg kommt hinzu, dass anstelle von 60.000 Funkmasten im 3,6er Band 800.000 Funkmasten benötigt werden, um 98% der Haushalte mit 5G zu versorgen.
Neuer Player ohne eigene Netzinfrastruktur
Zur Auktion zugelassen wurden die Unternehmen Telefónica Germany GmbH & Co. OHG, Telekom Deutschland GmbH, die Vodafone GmbH und die zu United Internet (1&1) in Montabaur zählende Drillisch Netz AG, welche bislang in Deutschland über keine eigene Netzinfrastruktur verfügt. Aber auch die anderen drei Anbieter müssen eine neue Infrastruktur für die neue Technik aufbauen.
Damit 5G dann auch so schnell wird, wie erhofft, müssen die einzelnen Mobilfunkmasten über ein noch zu realisierendes Glasfasernetz als Backbone angebunden werden. Ursprünglich war geplant, dass der Versteigerungserlös aus der 5G-Versteigerung in den Aufbau des besagten Glasfasernetzes investiert wird, ohne welches 5G nicht funktionieren wird.
Man hofft, dass die Versteigerung mindestens 5 Milliarden Euro erbringen wird und in das 12 Milliarden schwere Investitionspaket für den Breitband- und Mobilfunkausbau fließen soll, also letztlich den Mobilfunknetzbetreibern wieder zugutekommen soll.
Die Vorgaben der Bundesnetzagentur (BNetzA) wurden im Vorfeld der Versteigerung auf Druck der Politik deutlich erweitert, was die Bieter nicht begeisterte. Vor Gericht wurden deren Wünsche jedoch nicht erhört. Und somit bleiben das umstrittene Verhandlungsgebot für National Roaming und eine Diensteanbieterregelung im Paket.
Hier sieht Bitkom durch die Schiedsrichterrolle der BNetzA eine Verpflichtung durch die Hintertür, welche die Netzinvestitionen hemmt und letztlich entwertet. Ein National Roaming führe zu einer Gleichmacherei der Netze und hebele den Wettbewerb aus. Das schade am Ende vor allem den Verbrauchern.
Doch dass die Verbraucher wirklich die direkte Zielgruppe von 5G sind, wird durchaus bezweifelt. Die Tatsache, dass die Abdeckung der Verkehrswege jetzt neben der bisher vorgegebenen Abdeckung der Siedlungsgebiete vorgeschrieben wurde, spricht dafür, dass es letztlich um die Vorbereitung der Infrastruktur für das autonome Fahren geht. Kritiker vermuten sogar, dass es darum geht, möglichst viele Fahrzeuge zu tracken.
Die Bauern schauen in die Röhre
Im Vorfeld der 5G-Versteigerung wurden zwei weitere Anwendungsbereiche genannt: Landwirtschaft und Industrie. So sollte die Landwirtschaft mit der Hilfe von 5G modernisiert werden, weil der Landwirt künftig bei der Aussaat, der Unkraut- und Schädlingsbekämpfung sowie der Ernte nicht nur auf GPS zurückgreifen soll, sondern beispielsweise bei der Ernte die Erntemaschinen leichter mit den benötigten Transportfahrzeugen koordinieren könnte.
So kommt es bei der Klee-Ernte darauf an, dass diese so schnell wie möglich in die Trocknung und die Pelletproduktion transportiert wird, damit die Masse nicht zu gären beginnt. Die Auslastung eines solchen Agrarnetzes scheint sich jedoch auf wenige Tage im Jahr zu konzentrieren, so dass eine Rentabilität eines festen Netzaufbaus nicht darstellbar war. Wenn man die Bauern mit einer entsprechenden Infrastruktur begünstigen will, kommt letztlich nur ein temporäres Netz infrage, wie es üblicherweise auf großen Messen installiert wird, wenn dort viele Besucher vorhanden sind.
Die Frequenzen für die Industrieanwendungen werden übrigens derzeit gar nicht versteigert. Diese sollen von der BNetzA im zweiten Halbjahr 2019 auf Antrag der jeweiligen Betriebe zum Aufbau eines jeweils eigenen sogenannten Campus-Netzes für eine Laufzeit von zehn Jahren vergeben werden.
Die kurze Reichweite der dafür vorgesehenen Frequenzen sorgt dafür, dass die gleichen Frequenzen mehrfach zum Einsatz kommen können. Ob bei der Realisierung der Campus-Netze dann die einschlägigen Mobilfunkbetreiber zum Zuge kommen oder Techniklieferanten wie die chinesische Huawei, wird sich zeigen.
Die Angst der Politik vor dem freien Markt
Einer Meldung des Handelsblatts zufolge, die inzwischen auch von anderen Medien aufgriffen wurde, soll in einem geheimen Gutachten für die BNetzA stehen, dass für einen flächendeckenden Ausbau mit maximaler Leistung jedes Mobilfunkunternehmen 54 Milliarden Euro investieren müsste.
Diese Zahlen vor Augen, hat zumindest die CDU/CSU offensichtlich durchaus kalte Füße bekommen und greift eine Idee auf, die bislang zumeist von Gegnern der Infrastrukturprivatisierung angeführt wurde. Nach diesen Plänen soll Anfang 2020 eine staatliche Mobilfunk-Infrastrukturgesellschaft (MIG) gegründet werden, denn der rein privatwirtschaftliche Ausbau sowie der Netzausbau durch verpflichtende Versorgungsauflagen bei der Frequenzvergabe stoße an seine Grenzen.
Offensichtlich befürchten die Unionsparteien, dass sich ihre Klientel vernachlässigt fühlt, wenn der ländliche Raum weiterhin mobilfunktechnisch unterversorgt bleibt. Daher soll die geplante MIG Mobilfunkmasten in Regionen errichten, in welchen keines oder nur eines der Mobilfunkunternehmen ein Netz betreibt.
Dafür wolle man bundeseigene Standorte nutzen. Die MIG soll jedoch die Masten nicht selbst betreiben, sondern dies den Mobilfunkunternehmen überlassen. Nach welchen Kriterien die Vergabe der jeweiligen Nutzungsmöglichkeiten erfolgen soll, ist bislang nicht bekannt.