ZDF-Heute-Show: Wenn Satire immer staatstragender wird

Hat "Bauchschmerzen" mit allzu staatstragender Satire: Christine Prayon. Bild: Henning Schlottmann / CC-BY-4.0

Die Kabarettistin Christine Prayon verlässt die Heute-Show. Dort werde Stimmung gegen Andersdenkende gemacht, kritisiert sie. Und nennt vor allem zwei Themen.

Nach eigenen Angaben hatte sie schon längere Zeit "Bauchschmerzen": Die Kabarettistin Christine Prayon alias Birte Schneider wird nicht mehr im ZDF-Satireformat Heute-Show mitwirken. In einem Interview mit der Wochenzeitung Kontext hat sie die Gründe für ihren Abschied genannt.

Sie habe "mit der Art, wie die großen gesellschaftlich prägenden Themen seit Corona behandelt werden, zunehmend Bauchschmerzen bekommen", erklärte Prayon. Deshalb habe sie mit den Verantwortlichen gesprochen und betont, "dass ich mich nicht daran beteiligen will, Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben". Satire dürfe sich nicht daran beteiligen, den Diskurs zu verengen. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg finde aber genau das wieder statt.

Da werden Narrative und Positionen von Gruppen, die gesellschaftlich in der Hierarchie weit oben stehen, unablässig wiederholt und gleichzeitig wird Stimmung gegen Andersdenkende gemacht.


Christine Prayon

Schon vor dem Krieg im Kriegsmodus

Tatsächlich war diese Entwicklung schon längere Zeit vor dem Krieg zu beobachten. Ein obendrein sexistisches Beispiel: Kurz vor dem Internationalen Frauentag im März 2021 hatte die ZDF-heute-Show eine Fotomontage erstellt, die die damals frisch gewählten Linke-Chefinnen Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow im Stil leicht bekleideter Bond-Girls an der Seite des russischen Präsidenten Wladimir Putin zeigte. "Liebesgrüße nach Moskau" hieß es dazu vermeintlich erhellend.

Tatsächlich hatten beide Frauen damals – knapp ein Jahr vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine – keine Sympathie für die Putin-Administration gezeigt. Sie sahen mit dem Wissen von damals zwar nicht genug Anlass für Sanktionen, äußerten aber dennoch deutliche Kritik.

Wissler hatte etwa im Gespräch mit der taz erklärt: "Wir wissen, dass es Menschenrechtsverletzungen in Russland gibt"; der russischen Regierung und dem russischen Geheimdienst sei der Giftanschlag auf den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny zuzutrauen. Es müsse aber aufgeklärt werden, ob die Genannten tatsächlich dafür verantwortlich seien.

Hennig-Wellsow hatte in dem Doppel-Interview betont, energiepolitisch sehe sie den Bau der Gaspipeline Nord Stream II kritisch, da sie bezweifle, dass er nötig und eine Brücke zu Erneuerbaren Energien sei.

Um den beiden Frauen deshalb eine besondere Zuneigung zu Putin zu unterstellen, musste man selbst bereits im Kriegsmodus sein, der nur "Auf sie mit Gebrüll" oder Feindbegünstigung kennt.

Wenn Aufrüstung nicht schnell genug gehen kann

Später kam der Heute-Show das Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr nicht schnell genug bei der Truppe an und das "Manifest für Frieden" von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer wurde ordnungsgemäß in der Luft zerrissen – ganz im Sinne der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die bereits vor "Kriegsmüdigkeit" in westlichen Staaten gewarnt hatte, die offiziell gar nicht am Krieg beteiligt sind.

"Oberlehrerinnen" waren für den Heute-Show-Moderator Oliver Welke aber in diesem Zusammenhang nur Wagenknecht und Schwarzer, die vor einem langen, blutigen Abnutzungskrieg in der Ukraine warnten.

Bei allen Schwächen und Leerstellen war auch deren Manifest keine Sympathiebekundung für Putin, sondern stellte unter anderem klar, dass die ukrainische Bevölkerung brutal überfallen worden sei. Es widersprach aber der Einschätzung, dass auch Bevölkerung und Wehrpflichtige auf jeden Fall von einem länger andauernden Krieg und dem westlichen Primat von Waffenlieferungen statt Diplomatie profitieren würden.

Gefordert wurde daher, "die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen". Vermutlich, weil nicht einmal alle Erstunterzeichner gegen jegliche Waffenlieferung waren. Was daraus böswillig abgeleitet wurde, dürfte vor allem Großaktionären der Rüstungsindustrie gefallen haben.

Prayon meint, wer in solchen Satireformaten "das große Fass Kapitalismuskritik" aufmache und es ernst meine, sei "draußen". Deshalb sei sie "überhaupt keine Freundin mehr von Satiresendungen, egal ob Böhmermann, 'Anstalt' oder andere". Die Tür sei ihr offen gelassen worden, falls sie das mal wieder anders sehen sollte. Das finde sie auch schön, aber sie habe diesen Schlussstrich für sich gezogen.