Zenturien für die Wii-U

Riesige Erdbeeren und gefährliche Kreaturen

Pikmin 3 und The Wonderful 101 von Nintendo

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Nintendo bringt mit "Pikmin 3" und "The Wonderful 101" für die Wii-U zwei große Exklusivtitel, an denen es der Konsole bisher mangelt. Auf einen "Pikmin"-Nachfolger ließ Nintendo die Fans der Serie fast zehn Jahre warten. "The Wonderful 101" wurde von den "Bayonetta"-Machern Platinum Games für Nintendo entwickelt und ist in vieler Hinsicht sehr eigen. Die Settings der beiden Games ähneln sich auf den ersten Blick: 100 eher kleine Wesen stellen sich übermächtigen Gegnern um ihre kleine Welt zu retten. Doch "Pikmin 3" und "The Wonderful 101" könnten kaum unterschiedlicher sein. Letzteres ist ein rasantes Action-Spektakel mit riesigen Bossen, das spielerisch eher an "God of War" oder "Bayonetta" erinnert. Ersteres ist dagegen ein Echtzeitstrategiespiel, das entsprechend überlegtes Handeln und gute Vorbereitung vor Reaktionsfähigkeit setzt.

Die Astronauten mit dem grünen Daumen: "Pikmin 3"

Das erste Pikmin erschien kurz nach dem Launch des GameCubes. Designer Shigeru Miyamoto, der unter anderem auch hinter Super Mario, "Legend of Zelda" und "Starfox" stand, zeigte, wie gut Echtzeitstrategie auf einer Konsole funktionieren kann. Der wahre Charme des Games lag aber Nintendo-typisch in der liebevollen Gestaltung der Figuren und ihrer kleinen Welt. Ein Nachfolger erschien 2004, und beide Teile wurden für die Wii neu aufgelegt. Obwohl die Steuerung mit der Wii Mote deutlich komfortabler war, brachte Nintendo keine Fortsetzung für ihre vorige Konsolengeneration.

Damit ist Pikmin 3 das erste neue Spiel der Serie seit neun Jahren. Im Grundkonzept bleibt es vor allem dem ersten Teil treu. Die zufällig aufgebauten Dungeons von "Pikmin 2" fehlen ebenso wie die Möglichkeit unterirdisch zu speichern.

Die Story ist recht einfach und den Vorgängern ähnlich: Eine Gruppe Astronauten strandet bei der Suche nach Nahrung auf einem unbekannten Planeten. Im Vergleich zu ihrer Umgebung sind sie winzig: Pusteblumen wirken aus ihrer Perspektive wie Bäume, Käfer und Frösche haben eine bedrohliche Größe. Recht bald stoßen die anfangs voneinander getrennten Raumfahrer auf merkwürdige Wesen, die mehr an Pflanzen als an Tiere erinnern und den Gestrandeten folgen.

Nach der sanften Einführung, die neue Spieler mit der Steuerung und den Eigenarten der Pikmin vertraut macht, geht die eigentliche Erkundung los. Die drei Protagonisten nehmen bis zu hundert Pflanzenwesen mit auf die Suche nach Nahrung. Die Früchte sind freilich aus Sicht der Raumfahrer ebenso überdimensional wie der Rest. Eine Beere reicht somit als Tagesration, andere Früchte halten sogar länger. Der Spieler steuert jeweils einen der drei Raumfahrer, denen die Pikmin folgen. Stößt er auf ein Sammelobjekt oder einen Gegner, wirft er die Helfer auf das Ziel, die dann passend zum Angriff übergehen oder sich um den Abtransport kümmern.

Jeder Tag, den die Astronauten mit ihren Pflanzenfreunden für die Suche nutzen, dauert eine knappe Viertelstunde Echtzeit. Das System speichert ausschließlich nach Sonnenuntergang. Den Essensvorrat muss der Spieler stets im Auge behalten: Gehen die Rationen aus, ist das Spiel vorbei. Allerdings ist diese Begrenzung weitaus sanfter als die knapp bemessenen dreißig Tage des ersten Teils der Serie. Der Gamer kommt nur selten in die Verlegenheit zu viele Dinge auf einmal erledigen zu müssen. Zudem gibt es ein Tagebuch, über das der Spieler zu einem früheren Tag zurückgehen darf, falls er sich einmal völlig verzettelt.

Fels-Pikmin knacken jeden Panzer

Die Oberfläche des Planeten ist in fünf Regionen unterteilt, die jeweils einige Früchte und natürlich zahlreiche Gegner aufweisen. Bereits bei den ersten Monstern kommen die unterschiedlichen Eigenschaften der Helfer zum Tragen. Rote Pikmin sind beispielsweise immun gegen Feuer und eignen sich daher im Kampf gegen feuerspeiende Kreaturen, deren Flammen die anderen Pflanzenwesen verbrennt. Im Wasser überleben dafür nur blaue Pikmin lang genug für einen Kampf. Gelbe Pikmin sind wiederum resistent gegen Stromstöße. Neu im dritten Teil sind die harten Fels-Pikmin die beispielsweise gepanzerte Monster knacken und die geflügelten Pflanzenwesen, die effizient gegen fliegende Gegner sind.

Der Wechsel zwischen den Typen mittels Gamepad funktioniert flüssig. Wirft der Spieler einen anderen Astronauten, kann er so die Hundertschaft aufteilen. Das ist an einigen Stellen der einzige Weg ans Ziel, wenn beispielsweise eine Stufen zu hoch zum Laufen ist. Ebenso ist es sinnvoll, dass ein einzelner Raumfahrer alleine mit blauen Kämpfern ins Wasser geht, während der Rest an Land andere Aufgaben erledigt.

Getrennt über den Bach

Außer feindlichen Kreaturen versperren zahlreiche Hindernisse den Weg zu den ersehnten Früchten. Die Wuselwesen müssen beispielsweise Tore einreißen oder Brücken bauen. Ihre speziellen Fähigkeiten sind gefragt, wenn die Flugwesen Bambustore in die Luft ziehen oder eine Reihe der elektrisierten gelben Pikmin mit ihrer gesammelten Ladung eine Glühbirne zum Leuchten bringen. Teamarbeit ist stets der Schlüssel zum Erfolg. Ein Pikmin alleine kann weder einen Kampf bestehen noch das Obst oder die Überreste besiegter Gegner tragen. Aus letzteren werden im Kreislauf der Natur des Planeten ebenso wie aus einigen Blumen neue Pikmin.

Die fünf Regionen beherbergen jeweils einen Bossgegner, der durch die richtige Kombination der Typen besiegt werden müssen. So bearbeiten beispielsweise die blauen Pikmin die Füße eines im Sumpf stampfenden Monsters auch unter Wasser gefahrlos. Stürzt der Koloss endlich, legen die Felspikmin den von einem Kristall geschützten weichen Kern frei. Die Endgegner haben neben jeweils besonders reichhaltigem Obst auch technische Geräte verschluckt, mit denen die Astronauten ihren Einzugsbereich vergrößern und so neue Gebiete erreichen.

Nicht nur die Bosse, sondern auch die normalen Gegner erfordern oft eine spezielle Strategie. So gibt es die gleichen schlafenden Riesenkäfer wie im ersten Teil der Serie. Ein frontaler Angriff gleicht einem Selbstmordkommando. Stattdessen müssen die Angreifer die Rückseite der Kreatur erreichen, ohne sie zu wecken, und von dort einen Überraschungsangriff starten.

Nicht aufwecken!

Der Schwierigkeitsgrad ist insgesamt moderat. Wer überlegt vorgeht, kommt problemlos ans Ziel. Da die Obstvorräte beinahe im Übermaß vorhanden sind, darf der Spieler nach einer geglückten riskanten Aktion den Tag vorzeitig beenden und somit speichern. Die Bossgegner regenerieren sich über Nacht nicht, sodass der Kampf durchaus auf zwei Tage verteilt - und damit gespeichert - werden darf.

Nicht nur die Zeit ist reichlich bemessen, sondern die Zahl der Pikmin wächst im Verlauf schneller als sie im Kampf zurückgeht. Trotzdem schaffen es die niedlichen Pflanzenwesen, dem Spieler bei jedem Ableben ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Dies mag sich der Gamer in einem knackigen Bosskampf verzeihen, aber unachtsam verlorene Helfer schmerzen. Besonders schlimm ist es, wenn das Spiel zur Abenddämmerung mahnt, verschollene Pikmin einzusammeln. Bleiben einzelne ohne Schutz zurück, werden sie ein nächtliches Opfer der wilden Kreaturen. Bei der Suche nach den Verlorenen hilft die Karte auf dem Gamepad, über die der Spieler einen Astronauten auch mit einem Touch direkt an eine Stelle schicken kann. Eventuelle Gefahren auf dem Weg dorthin muss er dabei jedoch im Auge behalten.

Brückenbau

"Pikmin 3" setzt die Serie konsequent fort. Es verzichtet auf großartige Veränderungen des bewährten Konzepts. Aufgrund des gelockerten Zeitkorsetts ist es einsteigerfreundlicher als der erste Teil. Grafisch gelingt der Sprung ins HD-Zeitalter großartig: Der Spieler betrachtet die Welt wie eine Wiese aus Ameisenperspektive. Die Kombination aus der relativ realistisch gestalteten Umgebung mit den comichaften Gegnern und Pikmin wirkt harmonisch und verstärkt den Charme der Serie noch. Die Mischung aus Erkundungen und Kämpfen ist ausgewogen. Vielleicht ist "Pikmin 3" noch nicht das Spiel, das die Anschaffung der Wii U rechtfertigt, aber wer bereits Nintendos neueste Konsole besitzt, sollte auf jeden Fall zugreifen.

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