Zinsen steigen weiter – Wirtschaft dreht auf Rezessionskurs

Seite 2: Stagflation in Großbritannien und späte Reaktion der EZB

Während in den USA die Inflationsbekämpfung recht gut läuft, kann man das von Großbritannien nicht behaupten. Wie erwartet rutscht das Königreich tief in eine gefährliche Situation aus stagnierender oder schrumpfender Wirtschaft bei hoher Inflation ab, die man Stagflation nennt.

Wie auf Telepolis schon ausgeführt, befindet sich Großbritannien aber aus verschiedenen Gründen in einer schwierigen Situation. Neben dem Brexit hat auch das Regierungschaos der Konservativen deutlich zur weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage beigetragen.

Obwohl auch die BoE die Leitzinsen sogar schon acht Mal in Folge erhöht hat, bekommt die britische Notenbank die Inflation nicht in den Griff. Der Leitzins wurde nun erneut um 50 Basispunkte auf nun 4 Prozent erhöht.

Die offizielle Teuerungsrate lag zuletzt bei 10,5 Prozent, nur knapp unter dem Höhepunkt von 11,1 Prozent im vergangenen Jahr. So hoch war die Inflation dort in den vergangenen 41 Jahren nicht mehr. Zwar hat die BoE genauso oft wie die Fed die Zinsen angehoben, ist aber deutlich zaghafter vorgegangen.

Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass man mit einer solchen Politik die hohe Inflation nicht in den Griff bekommen kann. Allerdings ist das schwer einzuschätzen, weil besondere Faktoren die wirtschaftliche Lage im Königreich besonders belasten, wozu auch die Energieabhängigkeit von Frankreich und die verfehlte Energiepolitik gehört. Wie Frankreich setzt auch Großbritannien weiter auf die teure und unsichere Atomkraft.

Begrenzte Parallelen zwischen Großbritannien und der Eurozone lassen sich aber ziehen. Während die BoE wohl eher zu zaghaft vorgegangen ist, hat die EZB viel zu spät auf die andauernd hohe Inflation reagiert. Zwar ist die offizielle Inflationsrate im Euroraum im Januar weiter auf 8,5 Prozent gesunken – im Dezember lag sie noch bei 9,2 Prozent – doch damit liegt sie immer noch weit entfernt von der Zielmarke bei zwei Prozent.

EZB reagiert zu spät und zu zögerlich

Anders als die BoE hatten die Banker in Frankfurt schließlich aber auch ein schärferes Tempo vorgelegt und waren der Fed gefolgt. Zweimal in Folge hatte die EZB im September und Oktober den Leitzins jeweils sogar um 75 Basispunkte erhöht. Danach hatte auch sie wieder Tempo herausgenommen und wie zuletzt die Zinsen nur noch um 0,5 Prozentpunkte erhöht.

In Aussicht stellt der EZB-Rat nun eine weitere Anhebung um 50 Basispunkte im März auf dann 3,5 Prozent:

"Der EZB-Rat wird den eingeschlagenen Kurs fortsetzen, indem er die Zinsen deutlich und in einem gleichmäßigen Tempo anhebt und sie auf einem ausreichend restriktiven Niveau hält, das eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zu seinem mittelfristigen 2 %-Ziel gewährleistet", wurde zur letzten Zinsentscheidung erklärt.

Der EZB-Rat geht zudem davon aus, dass er die Zinsen weiter erhöhen wird. "Angesichts des Drucks im Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Inflation beabsichtigt der EZB-Rat, die Zinssätze bei seiner nächsten geldpolitischen Sitzung im März um weitere 50 Basispunkte anzuheben."

Danach wolle man eine Bewertung des darauffolgenden geldpolitischen Pfads vornehmen. Ein restriktives Zinsniveau werde im Laufe der Zeit die Inflation senken, indem es die Nachfrage dämpft, und gleichzeitig dem Risiko vorbeugen, dass sich die Inflationserwartungen dauerhaft nach oben verschieben.

Ob das angesichts der viel zu späten Reaktion der EZB noch gelingt, steht in Zweifel. Die Entwicklung der Kerninflation ist jedenfalls bedenklich, aus der Energie und verarbeitete Lebensmittel herausgerechnet werden. Die Kerninflation stagniert derzeit auf dem enormen Niveau von 5,2 Prozent in der Eurozone. Vor einem Jahr lag sie noch bei 2,3 Prozent.

Damit ist klar, dass die Inflation im Euroraum längst stark in die Breite gegangen. Im viertgrößten Euroland Spanien "explodiert" sie bereits, stellen Beobachter fest. Sie ist inzwischen sogar auf 7,5 Prozent angewachsen, während die allgemeine Inflationsrate mit 5,8 Prozent angegeben wird. Auch die ist im Januar gegenüber dem Vormonat wieder leicht gestiegen. Eine Kerninflation in dieser Höhe hat das Land seit etwa vier Jahrzehnten nicht gesehen.

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