Zinsen steigen weiter – Wirtschaft dreht auf Rezessionskurs

Seite 3: Enteignung der Sparer

Obwohl die Inflation weiter hoch und das zukünftige Verhalten ungewiss ist, halten einige Ökonomen wie Flassbeck den Kurs der Notenbanken nicht nur für falsch, sondern er nennt sie mit Friederike Spiecker eine "grandiose Fehlentscheidung".

Die Zinsen erneut "um 0,5 Prozentpunkte anzuheben und auch für den März eine gleich große Erhöhung anzukündigen, wird als eine große Fehlentscheidung in die Geschichte eingehen", meinen die beiden Ökonomen. Sie behaupten, dass sich "die Preisentwicklung in Deutschland und Europa im Verlauf dieses Jahres rasch Normalwerten nähern wird". Die Notenbank riskiere eine "weitere Verschlechterung der Wirtschaftsentwicklung" und "unterschätzt die derzeitige Dynamik des Preisrückgangs".

Sie meinen, dass auch die "Kernrate" noch durch die hohen Energiepreise aufgebläht ist. Argumentiert wird mit Zahlen aus dem dritten Quartal 2022, wonach die europäischen Arbeitskosten nur um 2,9 Prozent gestiegen seien. Die "Lohnentwicklung im gesamten Euroraum bietet keinen Anhaltspunkt für die Vermutung, es könne zu einer Beschleunigung der Lohnsteigerungen kommen, die inflationär wirken würde."

Das mag für Deutschland mit recht handzahmen Gewerkschaften stimmen, allerdings wurde im Metallbereich in Spanien gerade ein großer Schluck aus der Pulle genommen. Die baskischen Gewerkschaften haben eine Lohnsteigerung bis 2025 um 15 Prozent durchgesetzt, zudem ist eine Anpassung an die Inflationsrate vorgesehen. In anderen Arbeitskämpfen wurden zum Teil noch höhere Lohnsteigerungen durchgesetzt.

Passiert das nicht, bedeutet das, dass die Menschen enorme Kaufkraftverluste hinnehmen müssen. Das haben, wie Telepolis schon mehrfach berichtet, sogar die deutschen Statistiker auf Basis von stark aufgehübschten Daten festgestellt.

So hatte auch das Statistische Bundesamt (Destatis) einen Kaufkraftverlust festgestellt, der "so hoch wie nie zuvor" ausgefallen sei. Dass es eine starke "Gewinninflation" bei großen Unternehmen über Spekulationsgewinne gibt, sucht man bei Flassbeck und Spiecker auch vergeblich. Sogar eine Studie des ifo-Instituts hatte deutlich gemacht, dass Unternehmen die hohe Inflation als Ausrede nutzen, um "Gewinne zu maximieren".

Das geschieht über Spekulation, die aber wie die Gewinninflation auch bei dem sozialdemokratischen Ökonomen nicht vorkommt. Klar ist, dass über die hohe Inflation die Umverteilung von unten nach oben weiter an Fahrt aufgenommen hat. Deshalb ist die Lohnentwicklung ein Problem. Die wird das alsbald noch stärker die Konjunktur belasten, da den Menschen immer mehr Geld fehlt, welches sie zur Stützung der Konjunktur ausgeben könnten.

Einkommen reicht vielen nicht mehr zum Leben

Das hat sich, anders als von der Bundesregierung erwartet, schon im vierten Quartal 2022 gezeigt. Die Wirtschaftsleistung stagnierte nicht, sondern sie ist auch nach Destatis-Angaben um 0,2 Prozent gesunken. Deshalb ist die Rezession nicht "abgesagt", wie Bundesfinanzminister Robert Habeck erst kürzlich erklärt hatte.

Dabei darf erwartet werden, dass die Inflation wie auch in Spanien nun vermutlich sogar wieder steigt, da Hilfsmaßnahmen auslaufen oder ausgelaufen sind. Zum Jahreswechsel wurden auch etliche Verträge für Strom- und Gaslieferungen deutlich nach oben angepasst, womit den einfachen Menschen weiter Kaufkraft entzogen wird.

Das schlägt sich längst darin nieder, dass immer mehr Menschen ihre Konten überziehen (müssen). Das hat eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) ergeben, über die auch die Tagesschau berichtet hat. "Jeder Siebte in Deutschland hat innerhalb von drei Monaten das Konto überzogen oder seinen Dispokredit in Anspruch genommen", wird berichtet.

Die Bundesverbands-Vorsitzende Ramona Pop erklärte: "Insofern sehen wir mit Sorge, dass die gestiegenen Lebenshaltungskosten von Energie- bis Lebensmittelpreisen Menschen in die Kredite treiben, weil das normale Einkommen nicht mehr ausreicht."

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