Zukunft von grünem Wasserstoff in Deutschland nach Aus von Westküste100
Aus für Westküste100, einem Pionierprojekt für grünen Wasserstoff. Was hat zum Scheitern geführt? Ist das das Ende der Wasserstoff-Revolution in Deutschland?
Das ehrgeizige Projekt Westküste100, einst als Deutschlands größtes Elektrolyseprojekt zur Erzeugung von grünem Wasserstoff gestartet, ist nun offiziell beendet. Das Projekt, das eine Schlüsselrolle in der Energiewende spielen sollte, steht jetzt beispielhaft für die Herausforderungen, vor denen die grüne Wasserstoffbranche in Deutschland steht.
Westküste100 wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Produktion von grünem Wasserstoff zu realisieren. Der Plan umfasste die Nutzung von Offshore-Windenergie für die Elektrolyse und die Verwendung des erzeugten Wasserstoffs für die Kerosin- und Zementproduktion sowie für die Fernwärmeversorgung.
Speicherung und Nutzung von Wasserstoff
Der grüne Wasserstoff sollte als Rohstoff für die Raffinerie Heide dienen. Über einen Zwischenschritt, die Methanolsynthese, sollte synthetisches Kerosin für Flugzeuge hergestellt werden. Wichtigster Kerosinkunde der Raffinerie ist der Hamburger Flughafen.
Bei der Elektrolyse entsteht neben Wasserstoff auch Sauerstoff. Dieser soll im benachbarten Holcim-Zementwerk zur CO₂-Abscheidung genutzt werden. Das abgetrennte Kohlendioxid sollte wiederum an die Raffinerie geliefert und für die Methanolsynthese verwendet werden.
Überschüssiger Wasserstoff aus dem Elektrolyseur sollte in unterirdischen Kavernen nördlich der Raffinerie gespeichert werden. Um die Effizienz der Anlage weiter zu steigern, sah das Konzept vor, die Abwärme der Elektrolyse in das Fernwärmenetz des örtlichen Industriegebiets einzuspeisen und ein Wohngebiet mit Wasserstoff zu versorgen.
Der Wasserstoff sollte die Erdgasversorgung des Wohngebietes zu 20 Prozent mit dem emissionsfreien, grünen Energieträger anreichern. Eine höhere Beimischung ist derzeit in Deutschland nicht möglich. Die Stadtwerke Heide hatten bereits spezielle Leitungen für den Wasserstofftransport verlegt.
Hauptakteure des Westküste100-Projekts
Zu den Hauptakteuren gehörten Hynamics, eine Tochter des französischen Energiekonzerns EDF, der Baustoffhersteller Holcim, der Netzbetreiber OGE, der dänische Windenergiekonzern Ørsted, die Stadtwerke Heide, Thyssenkrupp, der Stadtwerkeverbund Thüga und die Raffinerie Heide.
Herausforderungen und das Ende von Westküste100
Trotz der vielversprechenden Ausgangslage führten steigende Kosten und unsichere politische Rahmenbedingungen zum Scheitern des Projekts. Daran konnten auch die insgesamt 36 Millionen Euro Fördermittel nichts ändern.
Sie machten mehr als ein Drittel des ursprünglichen Investitionsvolumens von 89 Millionen Euro aus. Aufgrund der Kostensteigerungen und der unsicheren politischen Rahmenbedingungen war das Projekt für die Investoren jedoch zu riskant. Das Scheitern spiegelt die Schwierigkeiten wider, mit denen innovative Energieprojekte in einem sich schnell verändernden Marktumfeld konfrontiert sind.
Westküste100 im Kontext der Energiewende
Das Projekt wurde ursprünglich vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im Rahmen des Anschubprogramms "Reallabore der Energiewende" gefördert.
Es sollte ein Leuchtturmprojekt für die Energiewende in Deutschland werden, in dem grüner Wasserstoff im industriellen Maßstab erzeugt und in ein wirtschaftliches Konzept eingebunden wird. Die Entwicklungsagentur Region Heide und die Fachhochschule Westküste sollten das Gesamtprojekt bis zum Ende der Laufzeit 2025 in Betrieb nehmen und evaluieren.
Die Rolle von grünem Wasserstoff in der Zukunft
Grüner Wasserstoff gilt als Schlüsselelement für eine erfolgreiche Energiewende. Er bietet in verschiedenen Industriezweigen eine nachhaltige Alternative zu fossilen Brennstoffen. Seit dem Ende der Erdgasimporte aus Russland gilt dies umso mehr.
Das Scheitern von Westküste100 wirft jedoch Fragen über die Zukunft dieser Technologie in Deutschland auf. Die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland hat aus heutiger Sicht kaum eine wirtschaftliche Chance.
Wettbewerb mit blauem und grauem Wasserstoff
Das liegt auch daran, dass blauer und grauer Wasserstoff, die beide aus Erdgas gewonnen werden, bisher kaum gefördert werden. Es gibt zwar eine Strafabgabe, diese ist aber viel zu gering. Ob sie erhöht wird oder ob die Bundesregierung die Förderung von Elektrolyseuren, mit denen grüner Wasserstoff hergestellt werden kann, erhöht, ist fraglich.
Internationaler Wasserstoffmarkt und deutsche Produktion
Zukünftig wird auch grüner Wasserstoff aus Afrika oder anderen Regionen, in denen erneuerbare Energien günstig produziert werden, zur Verfügung stehen. Dieses Angebot dürfte sich auch auf die Produktion in Deutschland auswirken.
Fest steht jedoch, dass der Ausbau der Erdgasnetze für Wasserstoff parallel zum Ausbau der Stromnetze für den verstärkten Einsatz von Elektro-Wärmepumpen und E-Mobilität nur realisiert werden kann, wenn die Haushaltskunden stärker zur Kasse gebeten werden.
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