Zwingt uns der Staat zum Impfen unserer Kinder?

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Wochenkolumne

Die EU hat gerade mit Biontec/Pfizer einen Vertrag zur Lieferung von 1,8-Milliarden Impfdosen abgeschlossen. Das bringt richtig Kohle, darum geht es doch! Vor allem sollte die Zwangsimpfung, die der Bundesärztetag bei Schulkindern de facto schon beschossen hat, kommen.

User Uranus

Dass der Bundesärztetag eine Impfpflicht für Schulkinder gefordert hat, ist mehrfach widerlegt worden. So zitiert correctiv.org Samir Rabbata, den Pressesprecher der Bundesärztekammer:

Diese Meldung ist falsch. (…) Eine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche, wie nun fälschlicherweise behauptet wird, hat der 124. Deutsche Ärztetag nicht gefordert.

Gefordert werde dagegen "unverzüglich eine Covid-19-Impfstrategie für Kinder und Jugendliche zu entwickeln und vor Einsetzen des Winters 2021/2022 umzusetzen".

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hofft in dem Zusammenhang, dass bis Ende der Sommerferien den 12- bis 18-Jährigen ein Impfangebot gemacht werden kann. Eine Impfpflicht schloss er dagegen ausdrücklich aus. Es werde eine "freiwillige Entscheidung" der Kinder und Eltern bleiben.

Wie die möglichen Impfungen umgesetzt werden sollen, ich auch noch strittig. So empfiehlt der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, Reihenimpfungen auch in Schulen: "Nur so können wir viele Jugendlichen auf einen Schlag impfen." Dagegen fordert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Impfungen in den Praxen - nach individueller Beratung.

Auch bei Impfungen für Kinder gebe es nie "ein Nullrisiko". "Letztlich ist es immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung, die zusammen mit den Sorgeberechtigten getroffen werden muss", erklärte dazu Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Auch bei Impfungen für Kinder gebe es ein Restrisiko. "Letztlich ist es immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung, die zusammen mit den Sorgeberechtigten getroffen werden muss", so Fischbach.

Am Ende bleibt: Einen staatlichen Impfzwang gibt es nicht.

Übersterblichkeit

Über kein Thema wird immer noch so heftig diskutiert und gestritten wie über Corona. Und nicht immer entsprechen die dabei verwendeten Argumente und Daten der Realität. So schreibt am 26. Mai in unserem Forum der User "Pseudonymc" unter dem Titel "Hier die Daten":

Es gab 2020 keine Übersterblichkeit! Die durchschnittliche Belegung der Intensivstationen mit Corona-Patienten betrug 4%. Zu keinem(!) Zeitpunkt war das Gesundheitssystem an der Auslastungsgrenze oder auch nur in der Nähe! Ab Mitte Nov. 2020 wurden Intensivbetten abgebaut - böse Zungen behaupten, dies fällt mit dem Gesetz, ab dem 18.11.2020, zusammen, welches Krankenhäuser mit höherer Auslastung mit zusätzlichen Geldern bezuschusst.

Zur Übersterblichkeit äußert sich im Mai 2021 das Statistische Bundesamt:

Um die Frage zu beantworten, ob COVID-19 zu einer Übersterblichkeit führt, beobachten wir anhand einer Sonderauswertung die vorläufigen Sterbefallzahlen in Deutschland.

Im April 2020 lagen die Sterbefallzahlen deutlich über dem Durchschnitt der Vorjahre. Gleichzeitig war ein Anstieg der Todesfälle zu beobachten, die mit dem Coronavirus in Zusammenhang stehen (Quelle: Robert-Koch-Institut).

Im August 2020 waren die Zahlen der Gestorbenen im Zuge einer Hitzewelle wieder erhöht. Die Sterbefallzahlen im September 2020 lagen ebenfalls etwas über dem Durchschnitt der Vorjahre. Einen weiteren auffälligen Anstieg über den Durchschnitt hinaus gab es ab der zweiten Oktoberhälfte 2020. Auch die COVID-19-Todesfälle stiegen zeitgleich wieder an. Höchststände gab es kurz vor dem Jahreswechsel 2020/2021 - sowohl die Zahl der COVID-19-Todesfälle als auch die Differenz zum Durchschnitt der Vorjahre bei den Gesamtzahlen gingen danach wieder zurück. Im Februar und im März lagen die Sterbefallzahlen unter dem Durchschnitt der Vorjahre, im April und in der ersten Maihälfte wieder darüber.

Fazit: Es gibt demnach eine leichte Übersterblichkeit in Deutschland. Dass sie angesichts Tausender von Corona-Toten nicht höher ausgefallen ist, liegt beispielsweise auch daran, dass die Grippe-Saison 2020/21 ausgefallen ist – wegen der allgemeinen Hygienemaßnahmen. Auch die durch den Lockdown bedingte geringere Mobilität hat zu weniger Verkehrstoten geführt.

Manipulierte Zahl der Intensivbetten

Dieser Passus wurde aktualisiert. Wir verweisen auf den Telepolis-Bericht Corona-Krise: Wo sind die Intensivbetten? vom 10.06.2021.


Eine Manipulation der Statistik weisen die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, der Marburger Bund und die Deutsche Krankenhausgesellschaft über lange Zeit hinweg zurück. Ein Bericht des Bundesrechnungshofes aber wies in der ersten Junihälfte 2021 auf entsprechende Manipulationen hin.

Im Deutschen Ärzteblatt heißt es dazu:

Der Vorwurf, offizielle Statistiken im Nachhinein manipuliert zu haben, könne ebenfalls direkt entkräftet werden. Das DIVI-Intensivregister habe im Verlauf der Pandemie die Betten der Kinderintensivstationen aus der Gesamtzahl der betreibbaren Betten herausgerechnet - Betten auf der Frühchenstation (NICU) und schwerstkranke Kleinkinder (PICU). Diese spielten für die Versorgung von COVID-19-Patienten keine Rolle. Auf die Veränderung der Darstellung reiner Erwachsenenbetten werde in sämtlichen Statistiken aber auch explizit hingewiesen. Gänzlich unbelegt ist Ärzten und Kliniken zufolge der Hinweis, im internationalen Vergleich habe die Versorgung der COVID-19-Patienten in Deutschland unangemessen häufig in den Intensivstationen stattgefunden. Dies sei eben gerade die Stärke der deutschen Krankenhausstrukturen, schwerkranke Patienten adäquat intensivmedizinisch zu versorgen und dadurch Leben zu retten."

Zur Corona-Situation in den Krankernhäusern schrieb am 7. Mai 2021 die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft:

Nach dem bisherigen Höhepunkt der Zahl intensivbehandelter Patientinnen und Patienten Anfang Januar mit etwa 5.800 Covid-belegten Intensivplätzen haben wir in der dritten Welle Ende April 2021 mit mehr als 5.000 Covid-belegten Intensivbetten den Höhepunkt erlebt. Seit Anfang Mai sinkt die Zahl allerdings kontinuierlich und spürbar. Der Höhepunkt der ersten Welle im Frühjahr 2020 lag bei ca. 2.900 mit Covid-Erkrankten belegten Intensivbetten.

(Update 10.06.2021): Laut einem Bericht des Rechnungshofes aber hat das Robert-Koch-Institut über Kontaktaufnahmen der Kliniken berichtet, "mit dem Ziel, Meldungen der freien betreibbaren Intensivbetten nachträglich zu korrigieren. Dadurch könnten Kapazitätsengpässe abgebildet worden sein, 'die in diesem Maße nicht existierten'".

Das RKI äußerte, wie aus dem Bericht hervorgehen soll, die "Vermutung, dass Krankenhäuser zum Teil weniger intensivmedizinische Behandlungsplätze meldeten, als tatsächlich vorhanden waren".

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