Reichensteuer für Klimaschutz und Anpassung weltweit: Laut Ökonomin bald Konsens

Die Ökonomin Laurence Tubiana

Motto der Ökonomin Laurence Tubiana: Tax the Rich. Foto: Shutterstock.com

Reiche Einzelpersonen müssten mehr fürs Klima zahlen – sei es durch Steuern oder Konsumabgaben, sagt eine Architektin des Pariser Abkommens.

Die französische Ökonmin Laurence Tubiana gilt als eine Architektin des Pariser Abkommens von 2015, das vorsah, die emissionsbedingte Erderwärmung im Idealfall auf 1,5 Grad oder zumindest unter zwei Grad zu begrenzen.

Ersteres gilt inzwischen unter Klimawissenschaftlern als unerreichbar; letzteres als ambitioniert. Tubinia schlägt daher vor, Superreiche weltweit stärker in die Pflicht zu nehmen, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Reichen sollen zahlen: Wunschtraum oder realistisch?

Eine Art globale Vermögenssteuer zur Bewältigung der Klimakrise könnte daher bald zum Konsens werden, berichtet der britische Guardian. Brasilien, nächstes Jahr Gastgeberland des Weltklimagipfels, gilt als entschiedener Befürworter des Vorhabens.

Unterdessen kämpfen arme Länder darum, rund eine Billion Dollar (785 Milliarden Pfund) an externen Finanzmitteln aufzubringen, die sie benötigen, um ihre Emissionen zu senken, die notwendige Transformation der Wirtschaft zu bewältigen und die schon jetzt unvermeidbaren Auswirkungen der Klimakrise abzumildern.

Wie Vielflieger fürs Klima zur Kasse gebeten werden sollen

Ein weiterer Vorschlag ist eine Vielfliegerabgabe, da die reichsten Menschen dazu neigen, viel mehr zu fliegen als Durchschnittsmenschen selbst auf der Nordhalbkugel – die Hälfte der Menschen in Großbritannien fliegt beispielsweise nicht jedes Jahr. Tubiana hat bei einer solchen Abgabe Business- und First-Class-Sitze im Blick.

Weitere mögliche Einnahmequellen wären eine CO2-Steuer auf den internationalen Schiffsverkehr, die laut einer Studie der Weltbank Milliarden einbringen könnte, ohne den Welthandel zu beeinträchtigen. Auch Steuern auf fossile Brennstoffe könnten eine Rolle spielen.

Treibhausgase: So viel emittiert das reichste Prozent

Das reichste Prozent der Weltbevölkerung ist für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich als die unteren 66 Prozent, aber kaum anfällig für Klimaschocks, die Leid und Tod verursachen, besonders unter den Ärmsten.

"Diese Ungleichheit besteht nicht nur zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, sondern auch innerhalb der einzelnen Länder – das eine Prozent der reichen Chinesen, das eine Prozent der sehr reichen Inder oder der US-Bürger – sie haben einen sehr, sehr ähnlichen Lebensstil, was den übermäßigen Konsum angeht", betont Tubiana.

Soziale Gerechtigkeit beim Klimaschutz – global und national

Wenn wir einen echten Konflikt vermeiden wollen, müssen wir den Aspekt der sozialen Gerechtigkeit in den Vordergrund stellen. Angesichts der enormen Auswirkungen auf das Klima und der Notwendigkeit, mehr Mittel zu mobilisieren, um den Übergang und die Anpassung zu bewältigen, ist es legitim, über Steuern zu sprechen.

Laurence Tubiana

Wenn diese Ungleichheiten nicht angegangen würden, könnte dies die öffentliche Akzeptanz der Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise gefährden, sagte die Ökonomin im Gespräch mit dem Guardian.

An der Klimakonferenz 2015 nahm sie als Verhandlungsführerin Frankreichs teil, heute ist sie Geschäftsführerin der European Climate Foundation und Ko-Vorsitzende der International Tax Task Force (ITTF), einer Initiative, die von den Regierungen von Barbados, Frankreich und Kenia auf dem UN-Klimagipfel 2023 ins Leben gerufen wurde, um Ideen zur Mobilisierung der benötigten Mittel zu prüfen.

Finanzierung wird Hauptthema der UN-Klimakonferenz COP29

Die Klimafinanzierung wird das Hauptthema des diesjährigen UN-Klimagipfels Cop29 in Aserbaidschan sein. Regierungsvertreter trafen sich am Montag in der ehemaligen deutschen Bundeshauptstadt, Bonn wo das Sekretariat der UN-Klimarahmenkonvention seinen Sitz hat, zu Vorgesprächen.

Obwohl es keine klare Einigung über den weiteren Weg gebe, habe sich unter den Regierungen ein breiter Konsens abgezeichnet, dass neue Wege gefunden werden müssten, so Tubiana. "Beim G20-Treffen gab es einen breiten Konsens darüber, dass wir unser Steuersystem reformieren müssen, ja, dass wir es verbessern müssen."

In der Praxis dürfte dies ein weiter Weg sein, da macht sie sich keine Illusionen: Die Regierungen seien besonders sensibel, wenn es um Steuern geht, die die nationale Souveränität betreffen.

Steuer als Reizwort: Haupthindernis der Klimafinanzierung?

Eine der ersten Aufgaben der ITTF wird es demnach sein, sich umzubenennen: Der Begriff "Steuer" sei für einige der diskutierten Ideen ungeeignet und könne sich als Hindernis erweisen, da er stark belastet sei und in einigen Ländern eine spezifische rechtliche Bedeutung habe – die USA zum Beispiel hätten Regeln für Steuerverhandlungen im internationalen Kontext.

Tubiana hofft aber nach eigenen Worten, dass die Superreichen oder zumindest ein wesentlicher Teil von ihnen mit den Regierungen zusammenarbeiten werden: "Ich bin optimistisch, dass einige von ihnen ihre Stimme erheben werden, vor allem die jüngere Generation", sagte sie, "aber wir müssen sie auch überzeugen".

Verwundbare Staaten: Wem steht wie viel Geld zu?

Während sich die Vorgespräche in Bonn hauptsächlich darauf konzentrieren werden, wie das benötigte Geld aufgebracht werden kann, muss auch geklärt werden, wie es verteilt und ausgegeben werden soll.

Obwohl die ärmsten Länder einen klaren Anspruch hätten, dürfe dies nicht das einzige Kriterium sein, sagte Patricia Scotland, Generaldirektorin des Commonwealth, das viele Entwicklungsländer vertritt. Viele der kleinen Inselstaaten, die besonders anfällig für die Klimakrise seien, seien bereits verschuldet und bräuchten Hilfe durch Schuldenerlass oder Umschuldung.

Und es gebe einige, denen es scheinbar besser gehe, mit wachsendem Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder florierender Wirtschaft, die zwar nicht die üblichen Kriterien für Hilfe erfüllten, aber im Falle einer klimabedingten Katastrophe am Boden lägen und dringend Hilfe benötigen könnten. Scotland fordert daher einen "universellen Verwundbarkeitsindex", um dies zu berücksichtigen.

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