Anschlagspläne auf Public-Viewing-Veranstaltungen heute abend?

Bundesinnenminister Friedrich sagt, es gebe keine konkreten Hinweise, die Münchener Polizei spricht von einer "abstrakten Terrorwarnung"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nach Informationen von Spiegel Online soll BKA-Chef Jörg Ziercke die Innenminister gewarnt haben, dass es Hinweise auf einen von Islamisten geplanten Anschlag auf eine der Public-Viewing-Veranstaltungen zum Champions-League-Finale gebe. Spiegel berichtete weiter, die Sicherheitsbehörden würden nun den Schutz der Veranstaltungen erhöhen, zu denen Zehntausende, in Berlin Hunderttausende erwartet werden. Besucher müssten mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen rechnen.

Ob es verantwortlich ist, eine solche Terrorwarnung kurz vor den Veranstaltungen zu veröffentlichen, ist die eine Frage. Blitzschnell machte die Meldung die Runde und schreckt nun die Menschen, Polizeibehörden und Politiker auf, zumal der Spiegel auch auf die Anschläge auf den Marathon von Boston verweist. Panikmache ist mit solchen Meldungen stets verbunden, die natürlich auch eine hohe Aufmerksamkeit erfahren und daher von Medien schnell verbreitet werden. Zu hinterfragen ist denn auch, wie konkret die "Hinweise" sind, die Ziercke erhalten hat. Er soll von einem "ernstzunehmenden Hinweis" gesprochen haben, der, wie die Tagesschau meldet, vom russischen Geheimdienst stammt, der auch im Vorfeld von Boston gewarnt hatte.

Natürlich wollen die Sicherheitsbehörden Kritik vermeiden, dass sie Hinweise nicht erstgenommen hätten, sollte es tatsächlich zu einem Anschlag kommen. In aller Regel haben sich diese Terrorwarnungen in Deutschland aber als falsch erwiesen, zumal ständig irgendwelche Hinweise zirkulieren, weswegen man ihnen durchaus skeptisch begegnen kann. Einmal losgelassen, wird es aber schwierig, damit vernünftig umzugehen.

Wenn Bundesinnenminister Friedrich versucht, die Menschen zu beruhigen, indem er sagt, wie die SZ berichtet, dass es "derzeit keine Hinweise auf Anschlagspläne oder Anschlagziele in Deutschland" gebe, dann wird dies vermutlich richtig sein, kann aber auch als bloße Beruhigungstaktik verstanden werden. Immerhin würde er sich damit von seinen Vorgängern wohltuend unterscheiden, die Terrorwarnungen gerne übernommen haben, um auf die anhaltende islamistische Bedrohung zu verweisen. Auch die Polizeibehörden von Berlin, München oder Dortmund gehen nur von einer abstrakten Warnung aus und geben gewissermaßen Entwarnung. Der Pressesprecher des bayerischen Innenministeriums, Oliver Platzer, erklärte, so der Bayerische Rundfunk, dass es keine Hinweise auf eine konkrete Gefahr in Deutschland oder in Bayern gebe.