Atomkonzerne gescheitert

Europäischer Gerichtshof sagt, die Steuer auf Brennelemente ist rechtmäßig

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In Luxemburg hat am heutigen Donnerstag der Europäische Gerichtshof den deutschen Stromkonzernen und AKW-Betreibern eine Schlappe zugefügt. Eon, EnBW und RWE hatten dort gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der seit 2011 erhobenen Kernbrennstoffsteuer geklagt. Rund 4,6 Milliarden Euro wollten die drei zurück haben.

Daraus wird nun erstmals nichts, wie aus einem Bericht des Handelsblatt hervorgeht. Die Steuer sei keine unzulässige Verbrauchsteuer. Nach einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat das Gericht auch keine Bevorteilung anderer Kraftwerksbetreiber sehen können, die nicht von der Atomsteuer betroffen sind. Diese hätten zwar einen Vorteil gegenüber AKW-Betreibern, aber ihre Situation sei nicht vergleichbar, da in ihren Anlagen keine radioaktiven Abfälle anfallen, die aufwändig verwahrt werden müssten.

Erwartungsgemäß wurde das Urteil von Umweltschützern und der Bundestagsopposition begrüßt. Zugleich wurde die Forderung laut, die Kernbrennstoffsteuer, die jährlich rund zwei Milliarden Euro einbringt, nicht wie bisher vorgesehen im nächsten Jahr auslaufen zu lassen. Angesichts der Bestrebungen von RWE und Eon, ihre Altkraftwerke in eine Art Bad Bank auszulagern und damit ihre Haftung für AKW-Abriss und Endlagerung in Frage zu stellen, sollten diese Gelder eigentlich in einen öffentliche Fonds überführt werden, aus dem die Ewigkeitskosten der Atomindustrie finanziert werden könnten. Aber natürlich müsste auch dann höllisch aufgepasst werden, dass sich die Atomkonzerne nicht billig aus der Verantwortung stehlen.

"Gut, dass die Steuer auf Kernbrennstoffe rechtmäßig ist; schlecht, dass die große Koalition in Berlin plant, diese Steuer Ende 2016 abzuschaffen. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung den AKW-Betreibern ein Steuergeschenk in Milliardenhöhe machen will, wenn gleichzeitig die Unsicherheit steigt, ob Eon, RWE und Co überhaupt noch willens sind, die Folgekosten der Atomenergie zu tragen."
Jochen Stay, .ausgestrahlt
"Die Brennelementesteuer sorgt zumindest ein wenig dafür, dass Atomkraftwerke im Strommarkt nicht ungerechtfertigt bevorzugt werden. Die Brennelementesteuer ist wichtig und sie wirkt. Ohne die Steuer hätte E.ON das AKW Grafenrheinfeld noch bis Ende des Jahres betrieben. Es bleibt zu hoffen, dass dem Urteil des EuGH weitere gerichtliche Niederlagen der AKW-Betreiber folgen, die derzeit in über 20 Verfahren mit einem Drohpotential von über 17 Milliarden Euro gegen den Bund und die Länder klagen. (...) Die unsinnige Befristung der Brennelementesteuer bis Ende 2016 muss jetzt schnell beendet werden. Der Staat würde mit einem Auslaufen der Brennelementesteuer auf wichtige Einnahmen verzichten und der Atomkraft ein goldenes Ende bescheren."
Klaus Brunsmeier, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland

Anhängig sind unter anderem zwei Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. In einer geht es ebenfalls um die Kernbrennstoffsteuer, in einer anderen fordern die Stromkonzerne Schadensersatz für den Gewinnausfall, der ihnen durch die festgelegten Stilllegungstermine entsteht. Der wird natürlich um so höher sein, desto weniger man ihre Gewinne abschöpft. Soll heißen: Wenn die Steuer nicht verlängert wird, erhöht sich auch die Summe, auf die die Konzerne klagen können.

Vattenfall versucht eine ähnlich Klage übrigens vor einem internationalen Schiedsgericht in Washington durchzubringen. Das Praktische an diesem Verfahren, das auf einem Investitionsschutzabkommen beruht, ist, dass die Verhandlungen hinter verschlossener Tür ablaufen und selbst die Urteilssprüche vertraulich behandelt werden können, wenn der Kläger dies verlangt. Die Bundesregierungen aller Couleur gehören übrigens seit den 1960er Jahren zu den eifrigsten Befürwortern derartiger Verträge und haben sehr viel zu ihrer heutigen Verbreitung beigetragen.