Bayerischer Justizminister plant rückwirkendes Gesetz für Münchner "Kunstfund"
Verjährung soll nachträglich aufgehoben werden
Ein Rückwirkungsverbot für Gesetze und andere staatliche Eingriffe ist grundlegender Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips. Deshalb gibt es nur wenige Ausnahmen, in denen legal vom Rückwirkungsverbot abgewichen werden darf: Das gilt zum Beispiel für Fälle in denen alle Bürger durch die Neuregelung besser gestellt werden, in denen sie schon in der Vergangenheit ein solches Gesetz erwarten mussten, oder in denen eine Regelung so verfassungswidrig war, dass sie für nichtig erklärt wird. Darüber hinaus gibt es auch eine Generalklausel, die nur dann greift, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls eine Rückwirkung erforderlich machen.
Mit dem Rückgriff auf diese Ausnahmen muss ein Gesetzgeber sehr vorsichtig und sparsam umgehen, wenn er nicht will, dass ein Volk das Vertrauen in die Rechtsordnung verliert. Trotzdem hat der neue bayerische Justizminister Winfried Bausback nun offenbart, dass er einen Gesetzentwurf erarbeiten ließ, der rückwirkend gelten und dafür sorgen soll, dass der Kunstsammler Cornelius G., bei dem die Staatsanwaltschaft Augsburg im Frühjahr 2012 1406 Kunstwerke und andere Dokumente beschlagnahmen ließ, einen Teil der Gemälde auch dann nicht zurückbekommt, wenn sie nach derzeitiger Rechtslage sein Eigentum sind. Durch die derzeitigen Verjährungsfristen von höchstens 30 Jahren wäre das bei einem Teil der Bilder aus der Sammlung G. wahrscheinlich auch dann der Fall, wenn ein Voreigentümer sie unter Umständen erwarb, die heute verdächtig erscheinen.
Das neue Gesetz soll dann rückwirkend gelten, wenn eine Person beim Erwerb "bösgläubig" war. Ob G. das war und ob ihm das nachgewiesen werden kann, ist jedoch fraglich: Er betont bislang, dass ihm die von seinem Vater Hildebrandt G. ererbten Bilder gehören. Als Indiz dagegen könnte ein Gericht werten, dass der Kunsthändler mit jüdischer Großmutter sowie dessen Ehefrau nach dem Krieg behauptet haben sollen, die Bilder wären bei einem Bombenangriff in Dresden verbrannt. Allerdings gibt es auch Indizien, die für eine Gutgläubigkeit G.s sprechen: Zum Beispiel, dass die Alliierten die Bilder 1945 beschlagnahmten und sie fünf Jahre später bis auf zwei Ausnahmen wieder zurückgaben, nachdem sie sich mit Hildebrandt G. intensiv über ihren Erwerb unterhalten hatten.