Braunkohle: Auch in Polen umstritten
EU-Kommission vermindert Zahlungen an Polen, weil diese sich mit dem Abbau von Braunkohle einem Beschluss der Luxemburger Richter widersetzt
Die EU-Kommission hält Gelder der Gemeinschaft an Polen zurück, weil dieses einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg nicht nachkommt, den Abbau im Braunkohletagebau Turów im polnisch-tschechisch-deutschen Dreiländereck zu stoppen. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die EU-Kommission.
Es geht in einem ersten Schritt um 15 Millionen Euro, die nicht ausgezahlt wurden. Der EuGH hatte im September gegen das Nachbarland ein Zwangsgeld in Höhe von 500.000 Euro pro Tag verhängt, weil es seinen Entscheidung keine Folge leistet.
Geklagt hatte Tschechien. Moniert wurde, dass es für die im vergangenen Jahr genehmigte Verlängerung des Braunkohleabbau keine ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfung gebe. Die Bundesregierung hatte sich seinerzeit nicht der Klage angeschlossen.
Der Tagebau liegt direkt jenseits des Grenzflusses Neiße. Diesseits des Flusses liegt das deutsche Braunkohlerevier der Lausitz, das sich auf die Bundesländer Sachsen und Brandenburg aufteilt. Ausgebeutet wird es vom Firmengeflecht der Leag, das der tschechischen, auf alte Industrieanlagen spezialisierten Holding EPH gehört, die wiederum Sitze in verschiedenen Steueroasen hat.
Ähnlich wie das Lager der Profiteure ist auch das der Kritiker grenzüberschreitend. Wie in Deutschland wehrt sich auch in Polen ein Teil der Anwohner gegen den Kohleabbau. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu gemeinsamen Protesten.
Wie hierzulande auch verweisen Kommunalpolitiker hingegen gerne auf Arbeitsplätze und Energieversorgung. Ob es in Polen ähnlich enge Verflechtung zwischen Energiekonzernen und der Kommunalpolitik gibt wie hierzulande, entzieht sich unserer Kenntnis.
Telepolis hatte im März 2021 über die tschechische Klage berichtet. Der Streit geht unter anderem auch um die Grundwasserversorgung. Deutsche Umweltverbände hatten die alte Bundesregierung vergeblich bedrängt, sich der Klage anzuschließen.
In einer Anfang Februar veröffentlichten Stellungnahme des Generalanwalts, wird Polen unter anderem vorgeworfen, Ziele der EU zu gefährden, die Tschechische Republik nicht ausreichend informiert zu haben und mit dieser nicht vertrauensvoll zusammen zu arbeiten.
Aufgabe des Generalanwalts ist es, dem Gericht eine Urteilsempfehlung zu geben, womit er so etwas wie die erste Instanz vor dem eigentlichen Spruch des EuGH darstellt.
Derweil berichtet die Plattform Energiezukunft.eu von einer außergerichtlichen Einigung zwischen Prag und Warschau, die Entschädigungszahlungen in Höhe von 45 Millionen Euro vorsehe. Die betroffenen tschechischen Gemeinden hätten aber noch nicht aufgegeben, und auch aus Polen selbst käme Nachricht von einem Gerichtsurteil, das Klägern gegen die besagte Genehmigung recht gebe.