Clegg will Steuersenkungen für Geringverdiener
Der britische Liberaldemokrat fordert zudem auch eine Sondersteuer für Banker
Nick Clegg hält sich heute in Spanien auf und hat im spanischen Fernsehen ungewöhnliche Töne angestimmt. In einem fast akzentfreien Spanisch, dass ihm offensichtlich seine spanische Frau beigebracht hat, setzte der Vizepremier sich in einem Interview mit TVE für Maßnahmen ein, die im deutlichen Widerspruch zu den Plänen stehen, die bisher der konservative Regierungschef David Cameron im Rahmen drastischer Sparpläne angedeutet hat. Dramatisch hatte Cameron vergangene Woche behauptet, die wirtschaftliche Lage sei "noch schlimmer", als man ohnehin gedacht habe. Er wollte damit die Briten auf harte Einschnitte vorbereiten. Dabei ist das Gegenteil der Fall, denn das Defizit im Haushaltsjahr fiel sogar geringer aus, als es die Labour-Regierung erwartet hatte.
Clegg hat im Interview ausgewogener argumentiert. So plane man auch eine Abgabe für Banken, die "eine wesentliche Rolle für den Ausbruch der Krise gespielt haben". Er kündigte deshalb an: "Wir in Großbritannien werden eine Steuer für Banker einführen", damit auch sie dazu beitragen, das Defizit abzubauen. Etwas anderes würden die Menschen nicht verstehen, meinte er. Ausgaben müssten auch im öffentlichen Dienst gekürzt werden. Dabei gebe es vor allem zwei Möglichkeiten: Entlassungen oder Kürzungen bei Gehältern. Er setzt sich dafür ein, dass es nicht zu Entlassungen kommt, sondern vielmehr die Beschäftigten für einige Jahre den Gürtel enger schnallen, um die Arbeitslosigkeit nicht zusätzlich zu erhöhen.
Erstaunlich ist, dass Clegg auch die Steuern für Geringverdiener senken will. "Wir werden, und das wird ein wesentlicher Bestandteil unseres Koalitionsvertrag sein, die Steuern für Millionen Menschen senken, die sehr wenig verdienen", sagte er. Man müsse ein gerechtere Steuersystem schaffen, damit die Leute, die wenig haben, etwas mehr im Säckel behalten. Das werde auch dazu beitragen, dass die Wirtschaft wieder wächst, denn ohne Wachstum könne man das Problem des Defizits nicht in den Griff bekommen.
Allgemeine Steuersenkungen lehnte er ab. Was von all dem übrig bleibt, wird sich am 22. Juni zeigen, wenn die Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten ihre Pläne vorstellt.
Was Clegg zum Zeitpunkt des Interviews gewusst haben dürfte, ist, dass die britische Budgetaufsicht die Prognose für das Wirtschaftswachstum gesenkt hat. Das Amt für verantwortungsvolle Hausführung (Office of Budget Responsibility/OBR) erwartet zwar weiterhin für 2010 ein Wachstum von 1,25%, doch für 2011 sollen es statt 3.25% nur noch 2.6% sein. Auch für die folgenden Jahre wird jährlich 0.5% weniger als bisher erwartet.