Dialog zwischen Katalonien und Spanien?
Erstmals traf die bilaterale Kommission nach sieben Jahren wieder zusammen, doch das Treffen verlief für die Katalanen "enttäuschend"
Mehr als sieben Jahre hatte die bilaterale Kommission zwischen der katalanischen und der spanischen Regierung nicht mehr getagt und das markierte mehr als deutlich die spanische Dialogverweigerung, denn alle Fragen wurden schlicht nicht mehr debattiert und behandelt.
Nachdem der konservative ehemalige Regierungschef Mariano Rajoy vor zwei Monaten per Misstrauensantrag mit Hilfe der Katalanen gestürzt wurde, hatte sich kürzlich zunächst der neue sozialdemokratische Ministerpräsident Pedro Sánchez mit dem katalanischen Regierungschef Quim Torra in Madrid getroffen und den Dialog eingeleitet.
Am Mittwoch sind erstmals seit dem 19. Juli 2011 wieder Vertreter beider Regierungen in der bilateralen Kommission am katalanischen Regierungssitz in Barcelona zusammengetroffen. Dass es dabei reale Ergebnisse geben würde, hat ohnehin niemand real erwartet.
Die katalanische Regierung hatte schon im Vorfeld erklärt, sie werde Sánchez einen "gewissen Spielraum" einräumen. Alle müssten "etwas Geduld" haben. Der politische Konflikt mit Katalonien lasse sich nicht "von einen auf den anderen Tag lösen".
Aus dem spanischen Ministerium für territoriale Angelegenheiten verlautete, das Ziel sei, nach sieben Jahren des Schweigens wieder über die "ausstehenden Fragen" zu sprechen. Es handele sich um einen "Normalisierungsschritt", erklärte das Ministerium von Meritxell Batet, die für die spanische Regierung das Treffen angeführt hat.
Der katalanische Regierungschef Torra hatte im Vorfeld klargestellt, dass man sich aber mit "Nebelkerzen" aus Madrid nicht abfinden werde. Regierungssprecherin Elsa Artadi meinte, es könne keine "unbegrenzte Zeit" geben und man müsse bald vom "Dialog zu Verhandlungen" kommen. Es gehe nun darum, "konkrete Schritte nach vorne" zu gehen, Themen festzulegen und Arbeitsgruppen zu bilden.
Beim nächsten Treffen im Herbst in Madrid müssten Abkommen geschlossen werden. Auf die Tagesordnung wurde auch die Frage eines vereinbarten Referendums über die Unabhängigkeit nach schottischem Muster und die Frage der neun politischen Gefangenen gesetzt. "Es gibt eine große Distanz", stellte Artadi fest, aber es gäbe keinen Grund dafür, nicht alle Fragen im Gespräch auszuloten.
Allerdings habe man zwei verschiedene Sprachen gesprochen, erklärte der katalanische Verhandlungsführer Ernest Maragall. Man habe versucht in die Materie einzudringen, doch die spanischen Vertreter hätten sich geweigert. Artadi fügte an, dass das Treffen "enttäuschend" gewesen sei.
Die spanische Delegation sei nicht vorbereitet gewesen. Sie machte auch klar, dass man wieder zum einseitigen Weg in die Unabhängigkeit bereit sei, wenn Spanien nicht bereit sei über ein Referendum zu sprechen.
Eigentlich ist allen Seiten klar, dass die Zukunft der Sánchez-Regierung sehr stark davon abhängt, wie er die katalanische Frage managt. Es scheint, der ewige Nachrücker, der gern links blinkt und rechts überholt, versucht nur Zeit zu gewinnen, sich wieder einmal durchhangeln. Ohne die Katalanen hat er keine Mehrheit für seine Vorhaben im Parlament.
Das haben die ihm vergangenen Freitag deutlich gezeigt, als er mit seiner Ausgabenobergrenze durchgefallen ist. Aus dem belgischen Asyl, in das inzwischen der "legitime Präsident" Carles Puigdemont zurückgekehrt ist, hat der auch schon klargestellt, dass die "Schonfrist" für Sánchez zu Ende geht. Den Haushalt im Herbst durchzubringen, ist für das Überleben der schwachen Regierung vital und intern wird in der Partei schon über baldige Neuwahlen nachgedacht.
Dass der Dialog wieder beginnt, ist ein rotes Tuch für die spanische Rechte. Die Ciudadanos (Bürger) und die postfaschistische Volkspartei (PP) meinen, dass Sánchez vor Torra auf die Knie falle. Ciudadanos-Chef Albert Rivera spricht sogar schon von "den letzten Minuten" der Legislaturperiode von Sánchez.
Er und seine Partei fordern Neuwahlen. Für die PP ist es "schwerwiegend", dass auch über das Referendum gesprochen werde. Für die neue PP-Sprecherin Dolores Montserrat ist das ein "Erfolg" der Unabhängigkeitsbewegung, die von einem schwachen Sánchez "genährt" werde.
In Katalonien sorgen derweil gewalttätige Anhänger der beiden Parteien immer stärker für Spannungen und Konfrontation. So ruft Rivera dazu auf, dass Straßenbild von "illegalen Symbolen der Separatisten zu reinigen". Wenn das die spanische Regierung nicht tue, "machen wir es", ruft er zum Faustrecht auf, um die Meinungsfreiheit zu behindern.
Maskierte und bewaffnete Gruppen ziehen verstärkt durch Stadtteile und katalanische Dörfer wie gerade in Verges, schüchtern Menschen ein und versuchen gelbe Schleifen oder katalanische Fahnen abzuhängen, wie auch Videos zeigen. Puigdemont spricht von "kriminellen Gruppen" und einem "puren Terrorismus".
Von gewalttätigen Übergriffen, die es dabei von Neonazi-Gruppen nun immer öfter gibt, mit zum Beispiel sieben Verletzten in Manresa, distanzieren sich Rivera oder die PP nicht. Kürzlich wurde auch der bekannte Fotojournalist Jordi Borras angegriffen und verletzt und es stellte sich heraus, dass der Angreifer ein Polizist war.