Die OPEC macht die Rechnung ohne den Wirt
Die Fracking-Industrie in Nordamerika reibt sich die Hände und die vereinbarte Förderbegrenzung wird die Ölpreise kaum nachhaltig erhöhen
Seit einem Jahr kündigt die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) immer wieder eine Förderbegrenzung oder ein Einfrieren der Ölproduktion an, da der Ölpreis mit dem Ende der Iran-Sanktionen abgestürzt ist. Nun versucht das Erdölkartell ernst zu machen. Beim Treffen in Wien am Mittwoch wurde beschlossen, die am Rand der Energiekonferenz im September in Algerien beschlossene Vereinbarung umzusetzen. Um den Ölpreis zu erhöhen, soll das Angebot um 1,2 Millionen Fass (je 159 Liter) auf 32,5 Millionen Barrel gesenkt werden. Das klingt logisch, da auch Russland beteiligt ist und auch die Förderung senken will.
Die Mitgliedsländer kommen auf etwa 40% der gesamten Ölproduktion weltweit, weshalb ein Abkommen unter ihnen wirkungslos wäre. Nur mit dem weltgrößten Produzenten, zu dem Russland durch eine massive Ausweitung wurde, hat das Abkommen eine Chance, überhaupt preiswirksam zu werden. Im Rahmen der Festlegung der Opec-Fördermengen hat sich Russland verpflichtet, täglich 0,3 Millionen Fass weniger auf den Markt zu spülen. Den Hauptanteil soll Saudi-Arabien tragen, das eine halbe Million kürzen soll, womit Russland seine Vormachtstellung noch ausbaut.
Doch es gibt viele Haken. Umgesetzt werden soll die neue Regelung erst ab Januar und statt einer Kürzung von 1,2 Millionen werden es bestenfalls 700.000 sein. Denn im August förderte die Opec nach eigenen Angaben 33,2 Millionen Barrel. Eigentlich tut sie nur so, als würde gekürzt, praktisch friert sie die Produktion auf hohem Niveau ein. Eigentlich hatte die OPEC lange als Ziel angegeben, sie auf dem Stand des vergangenen Januars bei 31,5 Millionen einzufrieren. Das waren eine Millionen Fass weniger und hätte das Überangebot beseitigt und die Preise deutlich erhöht.
Mit diesem Abkommen kam man dem Iran entgegen, der seine Produktion ausweiten will. Das Land ist, wie Nigeria und Libyen, ausgenommen. Der Iran will seine Produktion auf das Niveau vor den Sanktionen bringen, da das darbende Land nach dem Ende der Sanktionen nach Devisen hechelt. Ob es real eine Reduzierung innerhalb der Opec gibt, hängt also davon ab, wie sich die Produktion in den Krisenländern Nigeria und Libyen entwickelt.
Saudi-Arabien ist Verlierer
Der eigentliche Pferdefuß ist aber, dass die Rechnung ohne die USA, den zweiten großen Produzenten weltweit gemacht wurde. Neben den USA und Kanada sind auch andere wichtige Produzenten nicht eingebunden. Und in Nordamerika reibt sich die Fracking-Industrie weiter die Hände. Sie profitierte längst von den Ankündigungen einer Förderbegrenzung, die den Ölpreis auf knapp 50 US-Dollar getrieben hatte, der vor einem Jahr unter 30 Dollar lag.
Zwar ging die Produktion in den USA seit dem Peak im Juli 2015 um gut 1,1 Millionen Barrel pro Tag zurück. Doch trotz der niedrigen Preise stabilisierte sie sich im Sommer bei 8,4 Millionen, da die Kosten für die Förderung von Fracking-Öl durch Rationalisierung deutlich gesunken sind und die Ausbeute in den Bohrlöchern zudem gesteigert wurde. Seither wird die Produktion wieder langsam aber sicher ausgeweitet, weil sie sogar unter 50 Dollar oft rentabel ist. Im November wurden wieder 8,7 Millionen Barrel gefördert.
Da die Überproduktion real weiter bestenfalls begrenzt wird, wird es auch keine größeren Preissteigerungen geben, solange die Nachfrage nicht deutlich steigt, da die Fracker leicht den angeblichen oder realen Rückgang der Opec-Produktion kompensieren können. Nach einem Nachfrageschub sieht es angesichts einer lahmenden Weltwirtschaft und der Energiewende nicht aus. Zwar gab es am Mittwoch an den Börsen einen spekulativen Preissprung für Öl um etwa 9%, doch schon im frühen Handel drehte der Preis am Donnerstag für die US-Sorte WTI wieder ins Minus, steht derzeit allerdings wieder leicht im Plus.
Saudi-Arabien ist der große Verlierer. Es versuchte der Fracking-Industrie in Nordamerika durch billiges Öl den Garaus zu machen. Zudem wollten die Sunniten angesichts des Endes der Sanktionen den Aufstieg des schiitischen Konkurrenten zur Regionalmacht behindern. Deshalb verhinderten die Saudis lange ein Abkommen. Doch vor allem das ölabhängige Land leidet unter der eigenen Strategie und muss bisher völlig unbekannte Sparpläne schmieden.
Wegen eingebrochener Einnahmen wies es 2015 ein Defizit von 100 Milliarden Euro aus, 21% der Wirtschaftsleistung. Nach Schätzungen sollen es nun erneut gut 13% werden. Die Saudis brauchen einen Preis zwischen 60 und 70 Dollar für einen ausgeglichen Haushalt. Deshalb mussten die Saudis nun einlenken, um die fragile gekaufte Stabilität im Land nicht zu gefährden.