Email während der Arbeit versetzt in permanenten Alarmzustand

Ohne Email arbeiteten die Versuchspersonen einer US-Studie weniger gestresst und konzentrierter, aber sie fühlten sich auch isoliert

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Letztes Jahr kündigte der IT-Dienstleister Atos an, bis 2013 Emails im Unternehmen abzuschaffen - allerdings nur für die interne Kommunikation. Emails würden oft nur ablenken, unnötig Zeit verbrauchen und auch die Freizeit durchlöchern. Ob die genannten Alternativen "Kollaborations-Werkzeuge und Social-Community-Plattformen" die Aufmerksamkeit weniger beanspruchen?

Schon länger ist bekannt, dass Menschen auch nach kurzen Unterbrechungen wieder einige Zeit benötigen, um die unterbrochene Arbeit wieder aufzunehmen ( Von der Schwierigkeit, den verlorenen Faden wieder zu finden). Eine von der US Army und der National Science Foundation geförderte Studie von Militärwissenschaftlern und Informatikern der University of California in Irvine kommt zu dem Schluss, dass ein von Emails unterbrochener Arbeitstag die Menschen in einen permanenten Alarmzustand versetzt, während diese, wenn das Email-Programm abgestellt ist, weniger Stress zeigen und sehr viel konzentrierter arbeiten können. Ähnlich dürfte es sich wohl verhalten, wenn Chat, Facebook, Twitter, Skype, Instant Massaging etc. geöffnet sind und um die Aufmerksamkeit buhlen, aber dies war nicht Gegenstand der Untersuchung.

Die Wissenschaftler haben bei zivilen Büroangestellten der Army während der Arbeit vor dem Computer den Puls gemessen und mit einem Programm erfasst, wie oft die Fenster gewechselt wurden. Die Angestellten, die Emails lasen, wechselten das Fenster 37 Mal in der Stunde, die Email-Abstinenten nur 18 Mal. Und sie hatten einen permanent erhöhten Puls. Wenn die Angestellten fünf Tage lang kein Email-Programm benutzten, entwickelte sich eine "natürlichere, variablere Herzschlagfrequenz". Sie würden dann weniger Multitasking machen und berichteten, sie könnten besser arbeiten und bei der Sache bleiben.

Angeblich schätzten die Angestellten es, wenn das Email-Programm ausgeschaltet war, und zogen es vor, direkt mit den Menschen zu sprechen. Der Gang zum Schreibtisch von Kollegen wurde auch als körperliche Entspannung empfunden. Zwar waren sie weniger Stress ausgesetzt, der ein Risiko für die Gesundheit darstellt, aber es gibt auch eine Kehrseite. Wer von Emails abgeschnitten ist, fühlt sich auch "irgendwie isoliert". Und das ist auch ein berechtigtes Gefühl, schließlich ist man isoliert, wenn ein wichtiger Teil der Kommunikation via Email - oder anderen Programmen - stattfindet. Im Büroalltag wurden die entstehenden Informationslücken dann anscheinend so gelöst, dass man sich die wichtigen entgangegen Informationen von Kollegen holte, deren Email-Programm nicht abgeschaltet war. Die Wissenschaftler sprechen sich zumindest für Email-Pausen aus.

Die Army hat auch deswegen eine Interesse an dieser Studie, weil man überlegt, den Soldaten Smartphones zu geben, womit sie dann u.a. auch im Einsatz Emails lesen und schreiben könnten, sofern dies zugelassen wäre. Ob die Studie für eine Einschätzung hilft? Im Einsatz stehen die Soldaten sowieso unter Stress, Smartphones könnten da vor allem für eine gestörte Konzentration sorgen und noch ein bisschen mehr Multitasking sorgen.