Experimente an Gefangenen

Ärzte und Psychologen, die an den Folterungen in Abu Ghraib, Guantanamo, Bagram und anderswo beteiligt waren, werden von der Menschenrechtsorganisation Physicians for Human Rights beschuldigt, Kriegsverbrechen begangen zu haben.

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Nach dem Bericht der Organisation Aiding Torture hätten sich Ärzte und Psychologen stärker als bislang bekannt an der Gestaltung und der Durchführung des Folterprogramms beteiligt und dabei nicht nur die moralischen Regeln ihres Berufsstands, sondern auch Menschenrechte verletzt. Bekanntlich haben sich Pentagon und CIA auf Vorschläge von Psychologen bei der Gestaltung des "harten Verhörtechniken" gestützt und sich diese von ihnen legitimieren lassen ( Ärzte und Psychologen als Folterknechte, Tausend Dollar am Tag für Entwicklung der Foltertechniken).

Nach Erkenntnissen der Organisation, die sich auf einen vor kurzem aufgrund eines Gerichtsurteils veröffentlichten Bericht des CIA-Generalinspekteurs aus dem Jahr 2004 beziehen, haben sich Ärzte, Psychologen und anderes medizinisches Personal auch daran beteiligt, die Verhörtechniken wie das Waterboarding "wissenschaftlich" durch Erstellung von Statistiken zu begleiten, zu dokumentieren und zu verbessern. Solche Experimente an Gefangenen sind nach den Genfer Konventionen ein Kriegsverbrechen.

Während die Verhörer die Misshandlungen etwa beim Waterboarding durchführten, standen Ärzte dabei, um sie zu kontrollieren und ihre Stärke zu bestimmen. Das geschah nicht nur beim Waterboarding, sondern auch bei Scheinhinrichtungen, bei Drohungen, Familienmitglieder zu vergewaltigen oder Kinder zu töten, beim Walling (dem wiederholten Schlagen des Kopfs gegen eine Wand) oder dem Einsperren in engen Käfigen. Nach den CIA-Richtlinien mussten während der Verhöre mit den "verbesserten Techniken", wie es so schön hieß, ein Arzt und ein Psychologe anwesend sein. Damit versuchte sich die CIA abzusichern, weil die Ärzte und Psychologen verhindern sollten, dass den Gefangenen Gefährliches passiert. Diese aber haben eigentlich die Verpflichtung, den Menschen zu helfen und nicht als Mitglied von Folterteams die Stärke der Misshandlungen zu bestimmen, was auch einschließt, sie möglichst effektiv zu machen.

Die Vorwürfe, mit Gefangenen wissenschaftliche Experimente durchgeführt zu haben, erinnern an die Nazi-Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden KZ-Ärzte, die mit Gefangenen Experimente durchgeführt hatten, vor das Kriegsgericht in Nürnberg gestellt. Die Physicians for Human Rights fordern nun die Einrichtung einer unabhängigen Kommission, die untersuchen soll, ob sich nun auch Ärzte und Psychologen an Experimenten mit Gefangenen beteiligt und damit möglicherweise Kriegsverbrechen begangen haben. Gefordert wird überdies, dass die Berufsverbände die an Folter beteiligten Mitglieder zur Rechenschaft ziehen und diesen ihre Zulassung entzogen wird, um das Vertrauen wieder herzustellen.