Feuerwerk auf der Dealey Plaza
Seite 3: Mafia-These
Die Spuren ins Mafia-Milieu haben manche Autoren zu dem Schluss verleitet, der geschworene Kennedy-Hasser Carlos Marcello habe das Attentat beauftragt, um damit indirekt Justizminister Robert Kennedy zu entmachten. Den konkreten Plan soll der umtriebige Privatdetektiv David Ferrie ausgearbeitet haben, der – zufällig – zur gleichen Zeit wie Oswald Mitglied der paramilitärischen Civil Air Patrol gewesen war.
Hätte Ruby von einem Mafia-Capo telefonisch den Auftrag erhalten, den lästigen Oswald zu beseitigen, so hätte er einen solchen Mordauftrag dem Mafia-Kodex entsprechend nicht ablehnen dürfen. Haft oder Todesstrafe wäre eine akzeptablere Alternative als ein ehrloser und qualvoller Tod gewesen, wie ihn die Mafia bei Abtrünnigen und deren Familien praktizierte. Ruby war ein Zeuge, der wegen seiner Krebserkrankung absehbar von selbst verschwinden würde, insbesondere vor Vollstreckung einer staatlichen Todesstrafe.
Die Mafia-These wurde insbesondere von patriotischen Medien dankbar aufgenommen, da sie den unschönen Blick auf die CIA ersparte. Sie ist jedoch unschlüssig. Absehbar schützte die Entmachtung der Kennedys die Mafia allenfalls kurzfristig vor einem entschlossenen Kampf des Staates, der nach Hoovers Tod mit dem Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act von 1970 das Problem unkonventionell anging. Zudem dürfte die Mafia kaum einen Einfluss auf den Secret Service gehabt haben, der überraschend die kugelsichere Kuppel des Lincoln abnehmen ließ und die Bodyguards von den Trittsteigen befahl, obwohl nur wenige Tage vorher vor Kennedy-Besuchen Exilkubaner mit Gewehren aufgegriffen wurden.
Während Mafia-Morde normalerweise im Dunkeln oder plump wie die Beseitigung Oswalds geschehen, trägt die Erschießung Kennedys die Handschrift des Militärs. Die Taktik, politische Attentate mit Fehlspuren Kommunisten in die Schuhe zu schieben, stammte von CIA-Mordplaner William King Harvey.
Wäre die Mafia für Kennedys Tod verantwortlich gewesen, so hätte sich die CIA ihre zahlreichen Vertuschungsmanöver sparen können – etwa die Zurückhaltung des Dokuments über die Zeugenasussage von Vanderslice.
Rubys Rätsel
Gegenüber Reportern machte Ruby Andeutungen über eine Verwicklung höchster politischer Kreise und wollte insbesondere den aufgerückten Präsidenten Lyndon B. Johnson von seiner Unschuld überzeugen.
In einem spontanen Interview kommentierte Ruby, dass es kein Attentat gegeben hätte, wenn der Vizepräsident Adlai Stevenson geheißen hätte, das Problem sei der Mann im "office" [Weißen Haus]. Bevor sich Ruby juristisch rehabilitieren konnte, verstarb er 1967.