Firma für Hirn-Computer-Schnittstellen erhält erhebliche Finanzspritze
Ein unbekannter Finanzier unterstützt NeuroVigil. Verhilft das der Gedanken-Steuerung zum Durchbruch?
NeuroVigil, ein Hersteller von Hirnstromlesegeräten, hat durch einen Risikokapitalgeber eine Finanzspritze in beträchtlicher Höhe erhalten. Der wichtig-kryptisch gehaltenen Pressemitteilung zufolge, bewegt sich der Schätzwert der Firma durch die Finanzierung nun in einem Bereich, der doppelt so hoch sei, wie die addierten Werte von Google und Facebook, als diese 1999 bzw. 2005 ihre ersten Finanzierungen erhielten.
NeuroVigils Kernprodukt mit Namen iBrain ist eine Art Mütze, die nicht-invasiv EEG-Gehirnströme misst. Die so gewonnenen Daten werden mit Hilfe einer Software analysiert. Man erhofft sich so einen besseren Einblick in Krankheiten, deren Auswirkungen sich in individuellen Hirnströmen niederschlagen, auch lässt sich die akute Wirkung von Arzneimitteln nachverfolgen. Zudem soll zukünftig die bessere Steuerung von Spielen und Geräten möglich sein. Es hängt maßgeblich von der Qualität des EEGs ab, wie hoch die Anzahl der Befehle ist, die eine Hirn-Computer-Schnittstelle unterscheiden kann. Elektroden langfristig zu implantierten birgt Risiken, Messungen auf der Kopfhaut haben bislang nur eine eingeschränkte Genauigkeit.
Mit dem mindwave Headset der Firma NeuroSky ist bereits ein Produkt auf dem Markt, das – möglicherweise – Hirnströme abgreift und damit Spielsteuerung wie bei dem Ballparcour Mindflex ermöglichen soll. Je stärker man sich konzentriert, so der Hersteller, desto mehr blasen Ventilatoren einen Ball in die Höhe. Der Spiegel wollte nachweisen, dass in Wahrheit die Gedanken nichts und ein Zufallsgenerator alles steuert. Allerdings war der Versuchsaufbau fehlerbehaftet, trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass eher das Verziehen der Gesichtsmuskulatur als denn die Konzentration die Ventilatoren bewegt.
Dass das Einpendeln der Gedanken auf einen Frequenzbereich möglich ist, steht mittlerweile außer Frage. Beim Neurofeedback trainieren die Teilnehmer durch visuelle oder auditive Rückmeldung ihrer Hirnstrommuster die Selbstregulation der Frequenzen. Nur sind damit bislang nur sehr grobe Spielsteuerungen möglich. Das EPOC Headset greift Hirnströme ab und lässt sich durchaus zur Steuerung von vergleichsweise simplen Spielen nutzen. Komplexe Aktionen, wie beispielsweise ein Ego-Shooter sie erfordert, sind damit nicht möglich.
Die Medizin ist ebenfalls an solchen Hirn-Computer-Schnittstellen interessiert. Patienten können lernen, nur durch Gedanken elektrische Signale im Gehirn zu erzeugen, die ein Rechner zur Steuerung von Rollstühlen nutzt oder gar in Sprache umwandelt. Eine Reihe von Projekten sucht die Situation von Schwerstbehinderten zu verbessern. Im letzten Jahr stellte ein Deutsch-Chinesisches Forscherteam ein Brain-Computer Interface vor, das Patienten nutzen können, um Wörter wie "warm", "kalt", "Hunger" oder "Alarm" auszuwählen. Länger im Einsatz ist bereits das durch das Bundesforschungsministerium geförderte Berlin Brain Computer Interface (BBCI).
Oft geht es in den Anwendungen noch primär darum, die Praktikabilität der Geräte und deren räumliches Auflösungsvermögen zu verbessern. Bislang liefern nämlich direkt auf oder in das Gehirn implantierte Minielektroden erheblich bessere Signale, weil sie die Aktivität kleiner Neuronengruppen messen können. Trotz aller Fortschritte in der EEG-Schnittstellentechnik ist die Bedienung eines Computers mit Gedanken erheblich langsamer als mit Augenbewegungen, die von einer Kamera erfasst werden, wie dies beispielsweise der Physiker Stephen Hawking praktiziert. Noch ist es für Elektroden, mehr aber noch für die Headsets, enorm schwer, Signale aus dem immer währenden Gehirnrauschen herausfiltern und in Steuersignale umzusetzen.