Groß-Razzia gegen Rocker-Club "Osmanen Germania"
Die Ermittler erhoffen sich von der bundesweiten Aktion Aufschluss über das Wesen des jungen, stark expandierenden Clubs
Der Ende 2014 in Frankfurt gegründete Club "Osmanen Germania BC" ist ein Phänomen, dem die Polizei am vergangenen Mittwoch mit einem Großeinsatz auf die Spur kommen wollten: 1.500 Polizeibeamte durchsuchten zeitgleich in 6 Bundesländern ca. 50 Wohnungen, Geschäftsräume, und Büros des Clubs, bzw. dessen Mitgliedern - in der Hoffnung, durch Materialien, Aufzeichnungen, möglichen Waffen- und Drogenfunden und Beschlagnahmungen von Computern Licht in das behördliche Dunkel um den Club zu bringen.
Die Auswertung der Aktion wird vermutlich eine geraume Weile in Anspruch nehmen. 7 Personen wurden im Rahmen der Razzia vorläufig festgenommen, drei davon inhaftiert. Schon im Februar 2016 war von mehr als 20 Chaptern die Rede, 8 davon allein in NRW. Die Zentrale ist im hessischen Dietzenbach bei Offenbach. Deshalb koordinierte die Staatsanwaltschaft Darmstadt die konzertierte Aktion.
Die "neue Rockergruppe mit Migrationshintergrund" (Focus) gibt den Behörden allerhand Rätsel auf. Die Betroffenen selbst sehen sich nicht als Rocker, sondern als Boxer, was auch durch den Namenszusatz "BC" (Boxclub) ausgedrückt wird. "Obwohl der deutsch-türkische Boxclub als ein Rockerclub bezeichnet wird, weisen Mitglieder von Osmanen Germania dies zurück. Das Vorstandsmitglied von Osmanen Germania Sezai Dursun sagte, alle Mitglieder seien berufstätig, die Jugendlichen helfen wollen“, heißt es auf der Facebook-Seite des Clubs.
Das klingt gut, deckt sich aber nicht mit den Erfahrungen der Ermittlungsbehörden. So fallen die "Jugendhelfer" immer wieder durch gewalttätige Aktionen auf, die schlussendlich zum Einsatz in der vergangenen Woche führten. Sie stehen offenbar in einem engen Verhältnis zu der türkischen Sektion der "Hells Angels", den "Hells Angels Nomads", und deren Gründer Necati "Neco" Arabaci, der als "Pate von Köln" zu zweifelhaftem Ruhm und Ehre kam.
"Jugendhelfer" und der innertürkische Konflikt
Außerdem gibt es enge Verbindungen zu dem Anfang Oktober 2016 ermordeten Gießener Hells-Angels-Boss Aygün Mucuk. Dieser war mit der Verbrüderung mit Osmanen Germania auf Konfrontationskurs zu den anderen Hells Angels Chaptern gegangen. Möglicherweise hat ihn das das Leben gekostet. Die Ermittler gehen davon aus, dass die selbst ernannten "Jugendhelfer" ihren Anteil an der Organisierten Kriminalität beanspruchen, was erhebliche Unruhe in die Rocker- und Rotlicht-Szene bringt.
Vor allem aber sind Mitglieder des Osmanen Germania BC bis dato durch extreme Gewaltbereitschaft aufgefallen, und durch politisches Engagement. Wobei das eine mit dem anderen zusammenhängt: Die Germanischen Osmanen gehörten zu den Jubeltürken, die im Juli 2016 Erdogan in Köln-Deutz zujubelten. Laut der innenpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke, Ulla Jelpke, waren sie auch als Ordner auf Demos der extremistischen türkischen Grauen Wölfe aktiv.
Da wundert es nicht, dass sie häufiger mit dem kurdischen Rockerclub "Bahoz" (Sturm) in Konflikt geraten. "Bahoz" bezeichnen sich selbst als "ein anti-rassistisches, anti-faschistisches Projekt“ - und weisen ebenfalls auf ihrer Facebook-Seite von sich, ein Rockerclub zu sein:
"Entgegen der Gerüchte die durch ganz Deutschland kursieren: Wir sind weder eine Gang oder ein Rockerclub, noch unterstehen wir einem solchen.“
Bei näherer Betrachtung sind allerdings auch die kurdischen "Antifaschisten" keine Waisenknaben, was ihre Gewaltbereitschaft, zumindest verbal, angeht.
Im Juli 2016 gab es einen Anschlag auf eine Shisha-Bar in Saarbrücken, dem örtlichen "Bahoz"-Treffpunkt, bei dem eine Handgranate explodierte. Die Ermittler rechnen den Anschlag den Osmanen Germania zu. Auch in Hessen und in Baden-Württemberg gab es gewalttätige Zusammenstöße beider Vereine. Im Juni verhinderte die Polizei ein Aufeinandertreffen der beiden rivalisierenden Clubs in Frankfurt, im Juli in Hanau. Die Gründe dafür sehen die Ermittler in der sich zuspitzenden politischen Situation in der Türkei. Ein Konflikt, der nun auch in Deutschland ausgetragen werde.
Als was "Osmanen Germania" nun einzustufen sein wird, als Jugendhilfeverein, Boxclub, Rockerclub, die aufstrebenden Paten der Rotlichtszene oder ein motorisierter Schlägertrupp Erdogans - oder eine Mischung aus allem – das werden hoffentlich die Ergebnisse der Groß-Razzia in der vergangenen Woche tatsächlich zutage fördern.