Grüne Werbung für dreckiges Gas
Eigentlich soll über Energiewende geredet werden, doch in Berlin sollen heute Deals für Frackinggasimporte eingefädelt werden
Die Berliner US-Botschaft richtet am heutigen Mittwoch ein Treffen zwischen US-Gasexporteuren und deutschen Gaswerkbetreibern aus, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Mit dabei seien auch RWE und Shell, die sich auf den Bau eines LNG-Terminals geeinigt hätten.
Die Gespräche finden im Rahmen des derzeit laufenden Berlin Energy Transition Dialogue statt, der unter anderem von der Bundesregierung und dem Bundesverband Erneuerbare Energien im Auswärtigen Amt veranstaltet wird.
Dort hatte die Gastgeberin und Außenministerin Annalena Baerbock am gestrigen Dienstag in ihrer Eröffnungsrede das Kunststück fertiggebracht, einerseits den russischen Angriff auf die Ukraine zu beklagen und wortreich zu geißeln und andererseits sich selbst für die Einweihung eines Windparks im Kosovo auf die Schulter zu klopfen – das ein Nato-Krieg 1999 aus Jugoslawien herausgebrochen hatte.
Außerdem gab es ausdrückliches Lob für Siemens Gamesa dafür, dass das Unternehmen "von Tunesien bis Südafrika auf dem afrikanischen Kontinent" Windparks errichtet. Unter anderem baut Siemens Gamesa auch Windparks in der von Marokko völkerrechtswidrig besetzten Westsahara.
Aber alles wird gut:
"Und daher ist unser Credo (...) eine 'Just Transition'. Das ist auch die Überschrift unserer europäischen Energie- und Außenpolitik. Saubere Energien dürfen wir nicht mit schmutzigen Deals erkaufen. Sondern wir müssen bei allen Abwägungen und Dilemmata, die auf uns zukommen werden, immer klar im Blick haben, dass wir eine wertegeleitete Außen- und Energiepolitik betreiben."
Annalena Baerbock, deutsche Außenministerin
Ansonsten will sie aus "grünen Wasserstoff" aus den Arabischen Emiraten (hier der jüngste Bericht von Amnesty International zur dortigen Lage der Menschenrechte) und auch der geplante Bezug von Flüssigerdgas aus Katar fällt dann eben in die Rubrik Dilemmata.
Derweil hat in den USA eine Studie, über die die New York Times berichtet, herausgefunden, dass in der dortigen Öl- und Gasförderung noch mehr Methan als ohnehin schon gedacht, freigesetzt wird.
Nach Angaben des New Yorker Blatts fanden die Autorinnen und Autoren heraus, dass im US-Bundesstaat New Mexico jährlich rund 1,6 Millionen Tonnen des Treibhausgases emittiert werden. Über einen Zeitraum von 100 Jahren gerechnet entspricht diese Menge der Wirkung von 32 Millionen Tonnen CO₂.
Allein die Emissionen der Bohrlöcher in New Mexico entsprechen also bereits gut vier Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen, aber dort stehen nicht einmal drei Prozent der US-amerikanischen Fördertürme.
Dennoch scheint Baerbock allen Ernstes überzeugt, das hat sie am Mittwoch noch einmal deutlich gemacht, Deutschland könne seinen gerechten Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau leisten und gleichzeitig besonders klimaschädliches Gas aus den USA importieren.
Dafür müssten dann aber die neuen LNG-Terminals 2029 oder 2030 schon wieder stillgelegt werden. Nicht sehr wahrscheinlich, oder?