Gutjahr tappt in die Gottschalk-Falle

In seiner Rundshow wiederholt der Bayerische Rundfunk die Fehler, die schon andere Fernsehsender machten, wenn sie besonders internetaffin sein wollten

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Im Bayerischen Rundfunk gibt es zweifellos gute Sendungen: Die Radiowelt beispielsweise, mit dem angemessen morgengrantigen Thomas Meyerhöfer, oder Jazz und Politik am Samstagnachmittag. Die gestern gestartete Rundshow gehört leider nicht dazu.

Dabei ist Richard Gutjahr, der die Sendung zusammen mit dem (nicht nur etwas fülliger, sondern auch etwas geschwätziger wirkenden) Rheinländer Daniel Fiene moderiert, eigentlich kein uninteressanter Blogger. Aber in der ganz groß angekündigten Super-Duper-Zeitgemäß-Show scheint es, als ob er nur das nachspielt, was Harald Schmidt souverän parodiert hat: Sendungen, die entstehen, wenn Fernsehführungskräfte lesen, dass mittlerweile 50 Prozent der Deutschen während des Fernsehens mit ihrem Smartphone, ihrem Tablet oder ihrem Laptop kommunizieren und dann in Handlungsbedarfspanik verfallen.

Solche Sendungen wirkten bislang stets bemüht. Auch die Rundshow, die gestern startete und die die nächsten vier Wochen montags bis donnerstags um 23 Uhr laufen soll, ersoff zumindest in der ersten Folge an einer grotesken Überfülle von Social-Media-Anbindung, die von Google-Hangouts bis hin zur App Die Macht reicht, mit der die Zuschauer applaudieren sollen.

Als Thema des Tages hatte man die Frage ausgewählt, was der "Aufstand der Empörten" in Südeuropa ein Jahr nach seinem Beginn gebracht hat. Das hätte nicht zwangsläufig uninteressant werden müssen – aber die via Skype et al. Befragten hatten leider nur Plattitüden auf Lager, die wenig über den Interessantheitsgrad einer Facebook-Statusmeldung hinausgingen. Das galt (mit Abstrichen) sogar für Stéphane Hessel, der sich aktuell für die Piratenpartei begeistert und die "Empörung in die Wahlen tragen" lassen will.

Am unterhaltsamsten war ein Fremdbeitrag von Y-Titty, der Fernsehmagazinclips über Internetphänomene parodierte und weniger TV-affinen Zuschauern offenbarte, dass es beim "staatlich aufgezwungenen Pay TV" ständig Kuchen und Grillfeste gibt. Er kam auch ohne die sonst ständig eingeblendete Facebook-Kommentare aus, in denen einer der Zuschauer ernüchtert schrieb: "Immerhin besser als als Gottschalk live".