Hambacher Forst: Erneut schwerer Unfall
Im Rheinischen Braunkohlerevier geht die polizeiliche Räumung des Waldes weiter. Junge Frau durch Sturz aus einem Baum schwer verletzt
Im Hambacher Forst ist es erneut bei der Räumung von Baumhäusern zu einem schweren Unfall gekommen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Demnach stürzte am heutigen Donnerstagvormittag eine Besetzerin von einer Leiter und verletzte sich schwer. Sie sei aus sechs Metern Höhe beim Betreten einer Leiter in die Tiefe gefallen und liege jetzt im Krankenhaus.
(Update. Am Donnerstagnachmittag gab es dann Entwarnung: "Der gestürzten Person geht es gut, Prellungen und Verstauchungen, aber nichts ernstes. Rucksack und viele kleine Äste haben schlimmeres verhindert.")
Der Hambacher Forst wird seit zwei Wochen von einem großen Polizeiaufgebot mit mehreren tausend Beamten geräumt. Vordergründig wird der selbst von Polizeibeamten als unverhältnismäßig kritisierte extrem aufwendige Einsatz mit dem Brandschutz begründet. Die Landesregierung hatte die zuständigen kommunalen Behörden zur Räumung aufgefordert, da die Sicherheit der Baumhausbewohner nicht gewährleistet sei. Tatsächlich ist die Begründung mit dem Brandschutz wohl eher vorgezogen.
Es handelt es sich bereits um den zweiten Unfall - der zunächst als schwer eingestuft wurde - während der zweiwöchigen Räumung. Der genaue Hergang ist noch unklar und Anzeichen für eine unmittelbare Beteiligung Dritter sind nicht bekannt, aber auffällig ist, dass es in den sechs Jahren Besetzung zu keinem vergleichbaren Unfall gekommen ist.
Vor einer Woche war im Hambacher Forst der Blogger und Journalist Steffen Meyn durch einen Sturz aus großer Höhe gestorben. Der Landesinnenminister Reul (CDU) hatte zunächst einen vorläufigen Räumungsstopp ausgerufen, der am Montag offiziell aufgehoben wurde. Allerdings hatten Aktivisten – Telepolis berichtete – schon vorher beklagt, dass die Polizei keinerlei Rücksicht auf die Trauer genommen und nie aufgehört habe, sie massiv zu bedrängen.
Der Verdacht liegt daher mehr als nahe, dass es der konservativ-liberalen Landesregierung in Düsseldorf, die die Räumung betreibt, weniger um die Sicherheit der Besetzer geht, als darum, den Wald rechtzeitig vor Rodungsbeginn zu räumen. Ab 1. Oktober darf der Besitzer RWE nach der bestehenden Genehmigung die Kettensägen anwerfen, bis Mitte des Monats gilt allerdings noch eine Stillhalteselbstverpflichtung, die der Konzern gegenüber einem Gericht abgegeben hat.
Strittig ist zudem, ob die Bedingungen der Genehmigung für die Rodung überhaupt erfüllt sind. Die gilt nämlich nur für den Fall, dass die Braunkohle unter dem Wald im kommenden Jahr abgebaut werden muss. Der BUND und Greenpeace haben dies jedoch mit verschiedenen Studien in Frage gestellt und auf verschiedene Maßnahmen verwiesen, wie der bestehende Tagebau ausgenutzt werden könnte, um dem Wald noch eine Gnadenfrist von ein bis zwei Jahren zu geben.