Hilfe, aber keine Truppen
Nach dem erneuten Fall Falludschas regt US-Außenminister Kerry an, die Bezahlung von sunnitischen Stammesmilizen wiederaufleben zu lassen
Am 20. März 2003 marschierte der damalige US-Präsident George W. Bush in den Irak ein, um den Terror zu bekämpfen. Damals beschränkte sich das Einflussgebiet von al-Qaida im Wesentlichen auf den Unterschlupf von Osama bin Laden und die Häuser und Innenhöfe seiner Anhänger. Heute reicht es vom syrischen Aleppo an der Grenze zur Türkei bis ins irakische Falludscha vor den Toren Bagdads, das die Terrorgruppe Islamischer Staat Irak und Levante (ISIL) in den letzten Tagen und Wochen weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht hat (vgl. Falludscha erneut in den Händen von sunnitischen Extremisten). In europäischen Medien wird ihr Name häufig mit "Islamischer Staat Irak und Syrien" (ISIS) wiedergegeben, was besser klingt, aber einen falschen Eindruck erweckt, weil Syrien (im Gegensatz zur Levante) nicht bis nach Zypern reicht.
Nachdem die Meldung vom erneuten Fall Falludschas und der Ausweitung des transnationalen Terror-Territoriums westliche Medien erreichte, sah sich US-Außenminister Kerry gezwungen, dem umstrittenen irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki öffentlich mehr Unterstützung zu versprechen. Man werde, so Kerry, "an der Seite der Regierung des Irak stehen", aber keine neuen Bodentruppen entsenden. Ob die geplante Lieferung von ScanEagle- Überwachungsdrohnen, Raven-Drohnen und F-16-Kampfflugzeuge nach dieser Äußerung aufgestockt wird, ist noch nicht bekannt.
Kerrys Zusatz, man werde "auch an der Seite anderer stehen, die Destabilisierungsversuche zurückschlagen" deutet darauf hin, dass er möglicherweise versuchen wird, den Schiiten al-Maliki dazu zu überreden, dass dieser erneut sunnitische Stammesmilizen in der Provinz Anbar bezahlt. Mit dieser Methode hatte man es in der zweiten Hälfte der Nuller Jahre geschafft, die Provinz weitgehend zu befrieden. Dass dieser Friede endete, liegt nicht nur daran, dass al-Maliki die Zahlungen an sunnitische Stammesmilizen stoppte, sondern auch am Bürgerkrieg, der seit 2011 jenseits der Grenzen Anbars in Syrien tobt. Er führte dazu, dass (häufig mit saudischem und katarischem Geld bezahlte) Extremisten den Irak nicht nur als Rückzugsgebiet nutzten, sondern dort auch eigene Herrschaftsräume aufbauten.
Anbar 2014 erneut von al-Qaida zu säubern, könnte deshalb mehr erfordern, als nur Geld, um sunnitische Stammesmilizen zu bezahlen: Eine Änderung der US-amerikanischen Syrien-Politik.