Hitzefeuer in Russland, Überschwemmungen in Australien und Pakistan

Spielt das Wetter jetzt verrückt?

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Wechselnd auftretende Phänomene wie La Nina und El Nino im äquatorialen Pazifik führen bei zunehmender Erderwärmung zu Katastrophen: zur Verstärkung der Monsunregenfälle in Indien und Pakistan, zur Überflutung von Teilen Australiens zum einen. Dürreperioden in Russland und Südamerika zum anderen. Doch Wetter- und Meeresspezialisten vermuten, dass nicht das Wetter verrückt spielt, sondern der Mensch in komplizierte Prozesse eingreift.

"Niemand kann die Entwicklung der globalen Erwärmung seit 1850 bestreiten. Jedes Jahrzehnt wird etwas wärmer als zuvor", erklärt Mojib Latif vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften GEOMAR in Kiel. Durch die globale Erwärmung erhöht sich die Temperatur im Indischen Ozean allmählich. Schon eine Änderung der Temperatur im ohnehin warmen Indischen Ozean mit einer Wassertemperatur von 28 bis 31 Grad Celsius um wenige Zehntel Grad hätte extreme Auswirkungen auf das Wetter in Indien, Pakistan und auch Australien, so Latif.

La Nina-Phänomen erzeugt Starkregen

La Nina ist ein Wetterereignis, das meist im Anschluss an El Nino auftritt. Beide Phänomene wechseln sich periodisch ab. Bei La Nina entstehen Luftdruckunterschiede zwischen Südamerika und Indonesien. Sie führen zu stärkeren Passatwinden und einer abgekühlten Zirkulation. Vom Passat wird im Pazifischen Ozean das warme Wasser an die Oberfläche gedrängt, das sich dann in Richtung Südostasien verteilt. Hier trifft es im Westpazifik auf ohnehin sehr warmes Oberflächenwasser. Je wärmer dabei der östliche Teil des pazifischen Ozeans ist, umso mehr Regen fällt an der australischen Nordostküste. Gleichzeitig bringt La Nina auch in Südostasien Starkregen mit sich.

Dabei entsteht in der Atmosphäre infolge der Temperaturunterschiede zwischen Ost- und Westpazifik viel Wasserdampf und Energie, die dann in Richtung Land zieht. Durch die Klimaerwärmung ist der Westpazifik, der in der Wissenschaft auch als "warm pool" bezeichnet wird, zudem um wenige Zehntel Grad wärmer als üblich.

2010, das global ein warmes Jahr war, galt als ausgesprochenes La Nina-Jahr. Es war auch das Jahr der zahlreichen Wetterextreme mit Hurrikans, die allerdings über dem Meer verpufft sind, wie der Meereswissenschaftler Mojib Latif auf dem 6. Extremwetterkongress an der Universität Hamburg erklärt.

Im Sommer verstärkt La Nina den Indischen Monsun. Dabei gab es im August 2010 riesige Überschwemmungen in Pakistan, wodurch eine Million Menschen obdachlos wurden. Die im August 2010 gemessenen Regenfälle waren die stärksten seit mehr als 80 Jahren. Innerhalb von 24 Stunden regnete es 200 Millimeter Niederschlag, welcher Rekordniveau erreichte. An der Nordgrenze zu Afghanistan in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa wurden 45 Brücken und 3700 Häuser zerstört. Und in der Provinz Sindh wurden die Baumwoll-, Zuckerrohr- und Reisernte sowie Hülsenfrüchte und Tabak völlig vernichtet.

Durch La Nina wurde auch die Infrastruktur der Wasserversorgung zerstört und Krankheiten breiteten sich aus. In Pakistan hat der Starkregen noch größere Zerstörungsausmaße als in Australien, da die Regierung kaum Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung vorab ergreift. Die Infrastruktur ist durch den Terrorismus zudem bereits teilweise zerstört. Die Starkregenfälle können aber auch deshalb so verheerend in der Wirkung sein, da der Boden infolge von Waldrodungen kaum Wasser aufnimmt und sich die begradigten Flüsse kaum als Wasserspeicher eignen.

Trockenheit und Dürre mit El Nino

Bei El Nino tritt das gegenteilige Phänomen auf. Westliche Passatwinde über dem Pazifik treiben warme Wassermassen an die Westküste Südamerikas. El Nino tritt dann mit hohen Regenfällen im Äquatorbereich westlich der Anden in den Monaten Dezember oder Januar auf.

2009 war ein solches El Nino-Jahr. In El Nino-Jahren herrscht außergewöhnliche Trockenheit in Australien, die zu Waldbränden führt. Gleichzeitig gehen hohen Niederschlägen in Ostafrika und im südlichen Brasilien nieder, erklärt Andreas Becker vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Da das Meeresplankton in El Nino-Jahren meist abstirbt, folgt in der Regel daraus ein Fischsterben sowie das Abwandern von Fischschwärmen. Sonst blühende Korallenriffe werden bleich.

Studien auf neuer Datenbasis des Weltzentrums für Niederschlagsklimatologie (WZN) (Global Precipitation Climatology Center GPCC) in Offenbach belegen mittlerweile den Zusammenhang zwischen Extremwetterereignissen und La Nina- bzw. El Nino-Zyklen.

Hitzewelle in Russland

Neben den Starkregen in Australien litt Russland im La Nina-Jahr unter größter Trockenheit. Die Temperaturen stiegen 10 Grad über der Normaltemperatur an, was zu Bränden in den Waldgebieten und zur Rauchentwicklung in Moskau führte. Viele Moskauer trugen Gasmasken. Die Sicht in der russischen Hauptstadt lag unter 50 Metern.

Der Meereswissenschaftler Mojib Latif sieht den Grund einerseits in der Erderwärmung, aber auch der besonderen Wetterlage. Ein Hochdruckgebiet in einer Omega-Form hielt sich nicht wie sonst 2 Wochen, sondern 4 Wochen über Russland. Omega-Wetterlagen, die ein Hochdruckgebiet mit Schönwetterfront in der Mitte haben, sind an den Rändern östlich und westlich von Tiefdruckgebieten umrandet. Während es im August 2010 in Russland extrem heiß und trocken war, regnete es in Pakistan im östlichen Tiefdruckgebiet sintflutartig. Ein Fünftel des Landes an der Grenze zu Afghanistan wurden überspült.

Diese Wetterlage führt zur Blocking Situation der Wetterextreme. "In der Nähe der Waldbrände in Russland wurden Temperaturen bis 50 Grad Celsius erreicht. Das ist seit sechzig Jahren eine Rekordtemperatur in Russland", führt Mojib Latif in Hamburg aus. Und 490 Kilometer süd-südöstlich von Moskau stieg in der vom Schiffbau geprägten Stadt Woronesch das Thermometer auf 44 Grad Celsius.

Mojib Latif erkennt drei Ursachen für die globalen Wetterextreme von der Dürre bis zur Überschwemmung:

1. Die globale Erwärmung.

2. Die Verdunstung über dem Meer, vor allem im sogenannten "warm pool" im Indischen Ozean.

3. Die normalen Zyklen zwischen El Nino und La Nina.

Seiner Ansicht nach könne diese Erkenntnis nur dann von Nutzen sein, wenn Staaten wie Pakistan bereit wären, sich auf solche Extreme auch vorzubereiten. Allerdings können bisher La Nina-Phänomene nur für einen Zeitraum von sechs Monaten vorausgesagt werden.