Warum ein Sieg von Donald Trump der Todesstoß für die Ampel wäre – und wer daran mitschuldig ist
Trump könnte in einer Woche zum US-Präsident gewählt werden. Für die Ampel wäre das ein Super-GAU. Das Problem liegt auch in einem deutschen Ministerium.
In genau einer Woche finden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt - und immer mehr Beobachter halten einen Sieg von Donald Trump für wahrscheinlich. Für die Ampel-Koalition in Deutschland wäre ein solcher Wahlausgang in jeder Hinsicht der größte anzunehmende Unfall, vielleicht sogar ein Super-GAU in seiner außen-, handels- und letztlich innenpolitischen Zerstörungskraft. Schuld daran wäre die Unberechenbarkeit Trumps, vor allem aber ein deutsches Ministerium.
Zuletzt krachte es gewaltig zwischen einem Vertrauten von Ex-Präsident Donald Trump und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Auf der Social-Media-Plattform X, ehemals Twitter, lieferten sich Richard Grenell, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland, und Lindner einen hitzigen Schlagabtausch. Auslöser war Lindners Warnung vor einem drohenden Handelskrieg zwischen den USA und der EU, sollte Trump 2024 erneut ins Weiße Haus einziehen.
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"Bei Handelskonflikten gibt es nie Gewinner, sondern nur Verlierer", hatte Lindner am Rande der IWF-Jahrestagung in Washington dem Sender CNBC gesagt. Sollte Trump wiedergewählt werden, müsse man ihn "davon überzeugen, dass ein Handelskonflikt mit der EU nicht im Interesse der USA ist". Andernfalls müsse man über "Vergeltungsmaßnahmen" nachdenken.
Grenell, der als enger Vertrauter Trumps und möglicher Außenminister einer neuen Regierung des Republikaners gilt, konterte umgehend. Lindner sei "naiv zu glauben", dass deutsche Wirtschaftsvertreter solche Äußerungen unterstützen würden. "Deutsche CEOs haben Präsident Trump und unser Team regelmäßig kontaktiert, um deutlich zu machen, dass sie seine Politik schätzen", schrieb Grenell.
Disput um Handelszölle
Lindner antwortete, es wäre eine "große Überraschung", wenn Unternehmer US-Zölle auf deutsche Produkte wollten und appellierte an Grenell: "Sollten wir nicht die transatlantische Zusammenarbeit fortsetzen? Wir sind Verbündete!".
Ökonomen sehen erhebliche Risiken für die deutsche Industrie, sollte Trump die Wahl gewinnen. Dieser hat Zölle von 60 Prozent auf US-Importe aus China und 20 Prozent auf Importe aus anderen Ländern angekündigt – was deutsche Produkte in den USA deutlich verteuern würde.
Harsche Kritik an Tweet aus dem Außenamt
Bereits Mitte September hatte sich Grenell über einen Tweet des Auswärtigen Amtes empört. Nach einem TV-Duell zwischen Trump und Kamala Harris, in dem Trump behauptet hatte, Deutschlands Energiewende sei gescheitert, postete das Ministerium eine abfällige Nachricht an den Republikaner.
"Ob es Ihnen gefällt oder nicht: Das deutsche Energiesystem ist voll funktionsfähig", hieß es darin. "PS: Wir essen auch keine Hunde und Katzen" – eine Anspielung auf Trumps Vorwurf, Migranten würden in den USA Haustiere essen.
Grenell sah Wahlbeeinflussung
Grenell sah darin eine "eklatante Wahlbeeinflussung" durch die Bundesregierung, "schlimmer als die russische und iranische". Er drohte: "Wir sehen das sehr deutlich und werden entsprechend reagieren."
Selbst zurückhaltende Beobachter wie die Politologin Emma Ashford äußerten sich kritisch. Ihr erscheint es als "diplomatisches Fehlverhalten", wenn sich das Außenministerium eines Landes "in die (knappe) Wahl eines Sicherheitsgaranten einmischt".
Ampel in Zwickmühle
Der Schlagabtausch zeigt: Im aufgeheizten US-Wahlkampf spielt die Bundesregierung eine heikle Rolle. Einerseits muss sie ihre Sorge über eine erratische Handelspolitik unter Trump zum Ausdruck bringen. Andererseits darf sie nicht als Wahlhelfer der Demokraten erscheinen. Dieser Balanceakt erfordert diplomatisches Fingerspitzengefühl – offenbar auf beiden Seiten des Atlantiks.
Und daran mangelt es vor allem im Auswärtigen Amt unter der Grünen-Politikerin Annalena Baerbock. Denn in beiden geschilderten Auseinandersetzungen wird vor allem der eklatante Unterschied in Stil und Inhalt deutlich.
Stilfragen in Social Media
Während Lindner sachlich und inhaltlich kontert, wirkt die Social-Media-Intervention aus Baerbocks Ressort anmaßend. So etwas findet nur der gut, der die Meinung teilt, nicht der Diplomat. Und das ist schwierig für die diplomatische Mission Deutschlands und ihre Chefdiplomatin – die in der kommenden Woche die Folgen ihres Stils zu spüren bekommen könnte.
Denn im Warenhandel sind die USA der größte Abnehmer deutscher Exportprodukte. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) wurden im Jahr 2023 Waren im Wert von 230 Milliarden Euro zwischen beiden Ländern gehandelt. Dabei sind die USA für fast alle Bundesländer ein wichtigeres Exportziel als China.
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Auch im Dienstleistungshandel zeigt sich die enge Verflechtung: Deutschland exportierte 3,5-mal mehr Dienstleistungen in die USA als nach China, insgesamt im Wert von 125 Milliarden Euro.
Auch die gegenseitigen Direktinvestitionen haben zu einer starken Verflechtung geführt. Von 2010 bis 2022 waren die USA mit einem Anteil von 27 bis 28 Prozent das wichtigste Zielland deutscher Direktinvestitionen.
Im Jahr 2022 beliefen sich die deutschen Direktinvestitionsbestände in den USA auf beachtliche 424 Milliarden Euro. Laut Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) trugen diese Investitionen zum Technologietransfer und Innovationswettbewerb zwischen beiden Ländern bei.
Außenpolitische Verflechtungen
Auch in der Außenpolitik bestehen vielfältige Verflechtungen. Als Nato-Mitglied ist Deutschland Teil des von den USA dominierten transatlantischen Bündnisses. Damit spielen die USA eine zentrale Rolle in der europäischen Sicherheitsarchitektur.
In der Währungspolitik ist der US-Dollar nach wie vor die wichtigste Weltwährung. Damit bleibt Deutschland von der Stabilität des Dollars und der amerikanischen Wirtschaft abhängig.
Auch in vielen internationalen Organisationen, in denen Deutschland Mitglied ist, haben die USA einen dominierenden Einfluss. Bei Handelsverhandlungen, insbesondere im Rahmen der EU, sind die USA ein wichtiger Partner.
Protektionistische Maßnahmen der USA können die deutsche Wirtschaft jedoch empfindlich treffen. Die USA haben auch Einfluss auf deutsche Technologieexporte, vornehmlich in den osten Europas und bei sensiblen Technologien.
Eine Beziehung im Wandel
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Abhängigkeiten oft auf Gegenseitigkeit beruhen und sich im Laufe der Zeit verändert haben. Deutschland hat als Teil der EU an wirtschaftlichem und politischem Gewicht gewonnen. Dies hat die Beziehungen zu den USA zunehmend auf eine partnerschaftliche Ebene gehoben.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) betont, dass die transatlantischen Beziehungen auf gemeinsamen Werten und Interessen beruhen und für beide Seiten von großem Nutzen sind.
Die Frage ist nur, ob man das in sieben Tagen in Washington auch noch so sieht.