Kamala Harris: Copy & Paste statt eigener Worte?
Kandidatin in Kritik. Forscher finden viele nicht gekennzeichnete Textübernahmen. Was das mit Annalena Baerbock zu tun hat.
US-Vizepräsidentin und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris sieht sich massiven Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. Wie eine neue Untersuchung des österreichischen Plagiatsforschers und Telepolis-Autors Forschers Stefan Weber zeigt, finden sich in mehreren Veröffentlichungen von Harris zum Teil wortwörtlich aus fremden Quellen übernommene Textpassagen, ohne dass diese als Zitate gekennzeichnet wären.
Betroffen sind laut Weber unter anderem Harris’ Buch "Smart on Crime" aus dem Jahr 2009 sowie mehrere ihrer Berichte und Stellungnahmen als Generalstaatsanwältin von Kalifornien.
18 Plagiatsfragmente in "Smart on Crime"
Allein in "Smart on Crime" hat der Forscher nach eigenen Angaben mehr als zwei Dutzend Plagiatsfragmente identifiziert. So übernahm Harris dort unter anderem fast wortgleich einen Abschnitt aus einem Wikipedia-Artikel sowie offenbar eine Anekdote über Martin Luther King, ohne die Quelle zu nennen.
Auch sogenanntes "Selbstplagiat", bei dem Harris Passagen aus eigenen früheren Veröffentlichungen wiederverwertete, kommt laut Weber mehrfach vor. Insgesamt 24 der gefundenen Fragmente stammen demnach aus fremden Quellen, drei sind Selbstplagiate.
Ob solche wiederholten Zitierungen eigener Werke wirklich problematisch sind, ist jedoch umstritten; die entsprechenden Vorwürfe auf dieser Basis könnten selbst als Indiz einer politischen Motivation gedeutet werden.
Vorwurf der "Bauernopfer-Plagiate"
Dennoch schreibt Weber in seinem englischsprachigen Beitrag von einem Muster aus "Bauernopfer-Plagiaten" (Pawn Sacrifice Plagiarism). Damit bezeichnet man Plagiate, bei denen nur Teile der übernommenen Textpassage korrekt zitiert werden, um die eigentliche Übernahme zu verschleiern.
Dieses Vorgehen soll laut Weber auch in einem Bericht von Harris aus ihrer Zeit als Generalstaatsanwältin nachweisbar sein. Dort finden sich demnach 17 weitere nicht gekennzeichnete Textübernahmen, unter anderem aus einem früheren Bericht des damaligen Generalstaatsanwalts von Kalifornien, Bill Lockyer.
Ghostwriter als Urheber?
Woher die plagiierten Textpassagen ursprünglich stammen, ist unklar. Verfasst wurde "Smart on Crime" offiziell von Harris selbst. Es ist jedoch davon auszugehen, dass wie bei vielen Politikern sogenannte Ghostwriter an dem Buch mitschrieben.
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Ob die nachgewiesenen Plagiate von Harris selbst oder von Mitarbeitern ihres Teams zu verantworten sind, ist bislang nicht geklärt. Harris selbst äußerte sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen.
"Eine Frage der Ethik"
Für den Forscher Weber ist das Ausmaß der nachgewiesenen Plagiate ein schwerwiegendes Vergehen: "Mein Credo war immer: Wenn Sie glauben, dass Sie so viel zu sagen haben, dass es ein ganzes Buch wert ist, dann sagen Sie es bitte in Ihren eigenen Worten. Wenn nicht, zitieren Sie bitte korrekt."
Aber Kamala Harris habe einen Abschnitt aus einem Artikel von Wikipedia plagiiert und offensichtlich auch eine Kindheitsgeschichte gefälscht. Diese habe sie von Martin Luther King "entliehen".
Forderung nach Aufklärung
In einem Text auf der Seite The Washington Free Beacon verweist der Autor Aaron Sibarium auf eine beachtliche schriftliche Stellungnahme Harris' vor dem Justizausschuss des Repräsentantenhauses. Darin habe sie betont, dass hoch verschuldete Staatsanwälte oft in den Privatsektor wechseln, um mit den höheren Gehältern ihre Studienkredite abzubezahlen.
Dieser Trend habe dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaften unterbesetzt sind und unerfahrene Anwälte komplexe Fälle bearbeiten müssen. "Es gibt zahlreiche Strafsachen, die sich aufgrund der Dynamik besonders schwierig entwickeln", schrieb Harris und nannte Fälle wie Kindesmissbrauch und Korruption in der Öffentlichkeit.
Die Krux: Ihre Aussage bestand in wesentlichen Teilen aus einer entsprechenden Aussage Paul Loglis, einem Bezirksstaatsanwalt aus Illinois. Logli hatte zwei Monate zuvor vor dem Justizausschuss des Senats ähnliche Argumente vorgebracht.
Beide Aussagen basierten auf denselben Umfragen, verwendeten dieselbe Sprache und waren bis auf geringfügige Ergänzungen in derselben Reihenfolge angeordnet, schreibt Sibarium. Sie enthielten demnach sogar dieselben Tippfehler, obwohl Harris in ihrer Version einen Grammatikfehler korrigiert habe. Die US-Seite geht auch ausführlich auf Harris‘ Buch ein.
Parallelen zu deutschem Fall Baerbock
Die Plagiatsvorwürfe gegen Harris erinnern an einen ähnlichen Fall in Deutschland. Dort war im vergangenen Jahr bekannt geworden, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in ihrem Buch "Jetzt: Wie wir unser Land erneuern" mehrere Passagen ohne korrekte Quellenangabe aus fremden Texten übernommen hatte.
Auch bei Baerbock folgte der ersten Entdeckung eine Reihe weiterer Plagiatsfunde in anderen Veröffentlichungen. Anders als im Fall von Harris räumte Baerbock die Vorwürfe jedoch ein und bat um Entschuldigung. Der Fall hatte keine politischen Konsequenzen.