IWF beklagt, die "Saat für die nächste Krise" werde gesät
Der Internationale Währungsfonds (IWF) kritisiert mit ungewöhnlich klaren Worten, dass das Finanzsystem jetzt noch anfälliger sei als vor der Finanzkrise
Ohne diplomatisches Geschwafel stellt der Internationale Währungsfonds (IWF) in einer nun bekannt gewordenen internen Studie das grandiose Scheitern der Regierungen im Rahmen der Finanzkrise fest. Etliche US-Medien hatten über das Papier Studie berichtet, in der sich die Washingtoner Finanzorganisation darüber beklagt, dass einige der Kernprobleme sogar noch verschlimmert worden seien, als zu umfangreiche Maßnahmen umgesetzt wurden, um kränkelnde Banken und andere Unternehmen zu retten.
"Viele der strukturellen Charakteristiken, die zur Entstehung der systemischen Risiken beigetragen haben, sind weiter vorhanden", schreiben die Autoren des Berichts. Als verheerendes Urteil für die Politik wird festgestellt, dass zwar eilige Schritte zur Rettung unternommen wurden, aber statt wirklich zu reformieren sei "lediglich an den Symptomen der Kernschmelze im globalen Finanzsystem herumgedoktert worden." Somit habe man eine der "seltenen Chancen" vertan, um die "zugrunde liegenden Ursachen zu bekämpfen". Und ohne die Reform der Finanzmärkte, werde die "Saat für die nächste Krise gesät", heißt es in dem Papier.
Einige Gründe dafür, warum das Finanzsystem heute sogar noch anfälliger sei als vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2008, werden benannt. Fehlanreize, die zum "moral hazard" verführten, seien heutzutage eher noch weiter verbreitet. Zudem habe die Konzentration noch zugenommen, weil Konkurrenten aufgekauft wurden. Dem entgegen stehe, dass sich in den meisten Ländern an der Struktur des Finanzsystems nur wenig geändert habe.
Weil sich der Konzentrationsprozess beschleunigt hat, wird ein zentrales Problem in den riesigen Finanzinstitutionen ausgemacht. Erwartungsgemäß hat sich an dem "Too big to fail"-Problem nichts verbessert, sondern die Lage hat sich sogar zugespitzt, auch wenn in Berlin, Paris und Brüssel stets versucht wird, dem gemeinen Bürger etwas anderes vorzumachen. Dass die zaghaften Schritte wie Basel III völlig unzureichend sind, ist wahrlich kein Geheimnis.
Der Konzentrationsprozess hat aber erwartungsgemäß dazu geführt, dass einige Institute nun zum Teil so groß sind, dass sie auch nach Ansicht des IWF praktisch "unsinkbar" seien. Denn der Zusammenbruch würde das gesamte Welt-Finanzsystem in den Abgrund reißen. Sogar ihre Rettung aus Steuermitteln werde immer schwieriger, weil sie sogar die Finanzkraft einzelner Staaten überforderten. Angesprochen werden unter den Mega-Finanzkonzernen ausdrücklich auch sogenannte "Schattenbanken". Gemeint sind zum Beispiel große Hedgefonds, die erstaunlicherweise aus den zaghaften Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte ausgeklammert wurden.
"Die Regierungen müssen überdenken, wie sie die Bedrohung durch riesige Finanzinstitutionen für die Systemstabilität vermindern", heißt es in dem Text, der inzwischen vom IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard freigegeben wurde. Bedacht werden müsse auch, wie die Komplexität dieser Konzerne reduziert, die Bandbreite ihrer Geschäfte verringert und ihre Kapitalstruktur verbessert werden könne, ruft der IWF schon fast zu ihrer Zerschlagung auf.