Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Flamanville verzögert sich weiter

AKW Fessenheim

(Bild:  Florival fr / CC BY-SA 3.0 )

Solange der zweifelhafte Meiler mit dem schadhaften Reaktorbehälter nicht ans Netz geht, soll das Uraltkraftwerk in Fessenheim nicht abgeschaltet werden

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Die Horrormeldungen am Atomkraftwerksneubau im französischen Flamanville reißen nicht ab. Nun hat der französische EDF-Konzern heute die Reparatur defekter Schweißnähte an dem neuen nordfranzösischen Reaktor angekündigt. 33 von bisher 148 geprüften Schweißnähten seien schadhaft und müssten repariert werden.

Zwei weitere Schweißnähte müssen noch geprüft werden. 20 weitere sollen überarbeitet werden, obwohl sie nicht schadhaft seien, um die "high quality" Anforderungen zu erfüllen, welche für den neuen EPR-Reaktortyp festgelegt seien.

Man hat auch gleich die Kosten überprüft. Bei der ach so billigen Atomenergie wurden die Baukosten nun erneut von 10,5 auf 10,9 Milliarden Euro nach oben korrigiert. Was die EDF in ihrer Erklärung nicht sagt, ist, dass man nun auf dem besten Weg ist, die ursprünglich geplanten Kosten zu vervierfachen. Verkauft wurde der EPR der Bevölkerung für nur drei Milliarden Euro.

Klar ist auch, was an dieser Stelle längst vorhergesagt hatte, dass es aus der Inbetriebnahme 2018 nichts wird. Damit wird der ohnehin schon um sechs Jahre verschobenen Start noch weiter verschoben. Die Brennelemente sollen, behauptet die EDF jetzt, im letzten Quartal 2019 eingesetzt werden. Damit ist mit einer Inbetriebnahme auch im kommenden Jahr nicht mehr zu rechnen.

Die Abschaltung von Fessenheim

Aus dem zuletzt von der EDF genannten Abschaltdatum (Mitte 2019) für Fessenheim wird jedenfalls nichts. Dass sich das weiter verzögern wird, hat die französische Regierung auch schon eingeräumt. Staatssekretär Sébastien Lecornu bestätigte die Verzögerung "um ein Jahr". Die Schließung von Fessenheim sei aber "irreversibel“.

Ein genaues Datum kann er nicht nennen, weil sie mit der Inbetriebnahme des EPR von Flamanville verknüpft ist. Und was passiert, wenn Flamanville nie in Betrieb geht?

Eigentlich waren weitere massive Verzögerungen in Flamanville schon klar, als einer der beiden Uraltmeiler in Fessenheim am Oberrhein trotz seiner massiven Sicherheitsmängel im vergangenen März wieder hochgefahren wurde und Atomgefahren am Oberrhein bei Freiburg wieder massiv gesteigert wurden.

Es war auffällig, wie die französische Atomaufsicht plötzlich Dokumenten des Herstellers glaubte und dem Meiler die zuvor zurückgezogene Betriebserlaubnis mit einem Prüfzertifikat für einen Dampferzeuger mit Schmiedemängeln erteilte.

Bekannt ist, dass in der Schmiede "Forges du Creusot" über viele Jahre Dokumente für sicherheitsrelevante Teile gefälscht oder aufgehübscht wurden.

Das erneute teure Anfahren von Fessenheim 2 hätte keinen Sinn gemacht, wenn die EDF nicht längst gewusst hätte, dass sich die Inbetriebnahme von Flamanville deutlich verzögern würde. Noch unter dem Sozialisten Hollande war der faule Kompromiss geschmiedet worden, der so mies war, wie der Stahl vieler Schmiedeteile von "Forges du Creusot".

Dabei wurde die Abschaltung von Fessenheim an die Inbetriebnahme von Flamanville gekoppelt.

Anomalien

Interessant ist, dass ausgerechnet die EDF nun die angeblich besonders hohen Sicherheitsanforderungen für den EPR herausstreicht. Im Fall seines Reaktorbehälters, der ebenfalls aus der Chaos-Schmiede "Forges Creusot" stammt, nimmt man es dagegen nicht so genau. Bekannt sind seit langem die "Anomalien" am zentralen Sicherheitselement des Atomkraftwerks. Und trotz der Sicherheitsmängel soll der Meiler einige Jahre zur Probe ans Netz gehen.

Danach soll der Deckel des Reaktorbehälters – wobei auch das Wie unbekannt ist – erneut geprüft werden. Über die restlichen Probleme wie am Reaktorboden schaut man sogar großzügig ganz hinweg, da an ihnen praktisch keine Prüfung mehr möglich ist.

"Flamanville muss ans Netz"

Hier beantwortet sich wohl auch die Frage für Fessenheim. Es ist, egal wie gefährlich und unsicher Flamanville ist, ganz offensichtlich eine klare politische Entscheidung gefallen, Flamanville ans Netz zu bringen. Koste es was es wolle.

Nur so kann die Regierung behaupten, dass die Abschaltung Fessenheims irreversibel ist. Man will also ein altes unsicheres Atomkraftwerk durch ein neues ersetzen, um auch die EPR-Exportpläne nicht in Gefahr zu bringen.

Eigentlich wäre es besser, den EPR aufzugeben und Fessenheim sofort abzuschalten. Staatssekretär Lecornu sollte seinem Posten gerecht werden, denn er ist für den ökologischen und solidarischen Umbau zuständig.