Japan vor dem Double-Dip?

Die Versuche der japanischen Notenbank, den Wechselkursanstieg des Yen aufzuhalten, verpuffen wirkungslos

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wieder einmal hat die japanische Notenbank eine Intervention versucht. Diesmal geht es ihr darum, den Wechselkursanstieg der japanischen Währung abzuwürgen. Der Yen war zum Dollar Ende der vergangenen Woche auf den höchsten Stand seit 15 Jahren und im Vergleich zum Euro auf den höchsten Stand seit 9 Jahren gestiegen. Die Bank of Japan (BoJ) hatte deshalb auf einer Dringlichkeitssitzung am Montag beschlossen, das Kreditprogramm auszuweiten. Insgesamt flutet die BoJ nun den Geldmarkt mit 30 Billionen Yen, das sind 10 Billionen (etwa 92 Milliarden Euro) mehr als bisher. Der Leitzins bleibt weiter bei 0,1%, weil er praktisch nicht mehr gesenkt werden kann.

Die Regierung kündigte weiterhin an, 920 Milliarden Yen (etwa 8,5 Milliarden Euro) aus den Haushaltsreserven umzuschichten, um damit ein neues Konjunkturprogramm zu starten oder bisher bestehende nicht auslaufen zu lassen. Damit will man die abflauende Wirtschaft stützen. So soll der Kauf umweltfreundlicher Produkte weiter angekurbelt, Studenten will man bei der Jobsuche helfen und die Regierung will auch kleinen Firmen unter die Arme greifen. Das neue Konjunkturprogramm werde noch in der kommenden Woche im Parlament verabschiedet, damit es noch in diesem Monat in Kraft treten kann.

Nach anfänglich steilen Wachstumsraten ist der kurzzeitig herbeigedopte Aufschwung längst wieder in sich zusammengebrochen. Vor allem ist dafür auch verantwortlich, dass der Exportboom einbricht und der private Konsum wegen der gefährlichen Deflation, in der die Verbraucher auf weiter fallende Preise hoffen und Käufe aufschieben, weiter schwach ist. So ist das starke Wachstum im 1. Quartal im 2. Quartal schon wieder auf geschätzte 0,1% eingeschnurrt. Das hat sogar dazu geführt, dass China nun Japan den Rang als zweitgrößte Volkswirtschaft abgelaufen hat.

Dass der kurze Exportboom eingebrochen ist, hat auch mit der Euroschwäche zu tun, wovon besonders Deutschland im 2. Quartal besonders profitiert hat. Japan leidet aber auch darunter, dass die Geschäfte mit den USA nicht wie im Vorquartal floriert haben, wo die Erholung des Patienten ebenfalls einen Rückfall zu erleiden droht.

Japan könnte wieder in die Rezession geraten, womit ein Double-Dip in der ersten großen Volkswirtschaft auf der Tagesordnung stünde, in Japan wäre das zudem eine Stagdeflation. Dieses Abgleiten in die Rezession soll durch das Konjunkturprogramm und durch den Versuch verhindert werden, den Yen abzuwerten. Insgesamt waren die Kapitalmärkte von den angekündigten Maßnahmen aber enttäuscht. Zwar hat der Yen am Montag zwar kurzzeitig an Wert gegenüber dem Dollar verloren, doch sein Wert ist im Tagesverlauf schon wieder gestiegen. Es wird nicht mehr ausgeschlossen, dass der Yen den bisherigen Höchststand gegenüber dem Dollar von 79,75 Yen (1995) übertreffen könnte.

Allseits wird erwartet, dass auch die japanische Regierung die Schleusentore weiter öffnen wird. Japans Ministerpräsident Naoto Kan ließ durch ein seltenes persönliches Treffen mit dem Notenbank-Chef Masaaki Shirakawa wissen, dass die Politik dem Anstieg des Yen nicht tatenlos zuzuschauen gedenkt. Doch wie die Maßnahmen aussehen sollen, bleibt angesichts der Rekordverschuldung Japans zweifelhaft.

Nachdem in Japan in den 1990er Jahren eine Immobilienblase geplatzt ist, kommt das Land nicht mehr richtig auf die Beine. Die Verschuldung ist explodiert. Konservativ geschätzt liegt sie schon jetzt bei gut 200 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Es wird davon ausgegangen, dass Japans Staatsverschuldung schon im kommenden Jahr mindestens 225 Prozent des BIP erreichen dürfte. Wie diese Verschuldung abgebaut werden soll, kann kein Volkswirt beantworten, schließlich geht schon die Hälfte der Steuereinnahmen für Zinsen drauf. Dass Japan den Geldmarkt weiter flutet und ein Konjunkturprogramm nach dem anderen auflegt, wie es der Internationale Währungsfonds (IWF) stets fordert, hat das Land zwar nicht auf die Beine gebracht, aber die Staatsverschuldung in extrem ungesunde Höhen getrieben.