Militärische Niederlagen als Folgen übertriebener Privatisierung?

Die Briefe von Bundeswehrsoldaten konnten wahrscheinlich deshalb geöffnet werden, weil man den Transport einem afghanischen Unternehmen überließ

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Würde Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor von und zu Guttenberg nicht so aussehen, wie er aussieht, wäre er womöglich schon nicht mehr im Amt. Denn kein Ministerium hatte in letzter Zeit so viele und so gravierende Skandale aufzuweisen wie das seinige. Sie reichen von Seewolf- und Bounty-Vorwürfen auf dem PR-Schiff Gorch Fock bis hin zu einem mysteriösen Todesfall beim "Waffenreinigen", wegen dem jetzt die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt.

In dieser Masse ging fast unter, dass sich zahlreiche Soldaten darüber beschwerten, ihre Feldpost komme in die Heimat geöffnet oder gar nicht an. Besonders problematisch wird das, wenn man bedenkt, dass dieser antiquierte Weg teilweise genutzt wird, weil bei elektronischer Kommunikation auf Bundeswehrrechnern die Privatsphäre nur unzureichend geschützt ist und technische Sicherungsmaßnahmen im Wehrbereich auch auf Privatgeräten Misstrauen weckt, das berufliche Nachteile mit sich bringen kann.

Nachdem die Vorgänge mit der Zeit schließlich doch zu etwas Medienaufmerksamkeit führten, wurde auch hier eine Untersuchung eingeleitet, die jetzt ans Licht brachte, dass die Briefe teilweise von einem afghanischen Privatunternehmen transportiert wurden. Was dabei genau geschah, liegt zwar noch im Dunkeln - aber es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, dass die Taliban eventuell einem militärischen Vorteil aus der Privatisierungsideologie ihrer Gegner zogen. Genauso gut möglich ist aber auch eine Weitergabe an das Organisierte Verbrechen, das damit Persönlichkeitsprofile von Soldaten erstellen oder diese zur Mitwirkung bei Schleusungen oder beim Opiumhandel erpressen könnte.

Der Vorgang ruft aber auch in Erinnerung, dass nach Recherchen des Korruptionsforschers Werner Rügemer seit der Teilprivatisierung der Post alleine in Deutschland täglich etwa 30.000 Sendungen einfach verschwinden. Ein Mangel, aus dem das Unternehmen sogar noch einen finanziellen Vorteil zu ziehen weiß: Während man sich nämlich früher darauf verlassen konnte, dass ein wichtiger Brief auch ankam, so muss man heute im Umgang mit Behörden und Unternehmen regelmäßig zum etwa zehnmal so teuren Einschreiben mit Rückschein greifen, um keine Rechtsnachteile zu erleiden.