Namensschilder für Berliner Polizisten "lebensgefährlich"
Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat Klage gegen die Schilder mit Namen oder Nummer eingereicht, die Polizisten seit kurzem im Dienst zur Identifizierung tragen müssen
Letztes Jahr hatte das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und FDP beschlossen, dass künftig die 13.000 Polizisten in Berlin im Dienst ein Schild mit ihrem Namen oder ihrer persönlichen fünfstelligen Nummer tragen müssen. Die Polizeigewerkschaften protestierten, die Polizisten betrachten die Kennzeichnungsschilder als Eingriffe in ihre Privatsphäre und sagen, dass dadurch auch ihre Familien belästigt oder gefährdet werden könnten. Die Einführung von Schildern, mit denen die Polizisten identifiziert werden können, war schon lange gefordert worden, um gegen diese ermitteln zu können, wenn sie rechtswidrige Übergriffe begangen haben. Oft können Anzeigen von Betroffenen nur gegen Unbekannt gestellt werden.
Berlin ist das erste Land, das diese Kennzeichnung einführt. Begonnen wurde damit Ende Juli. Die Polizisten können entscheiden, ob sie ein Schild mit ihrem Namen oder das mit der Nummer tragen wollen. Der Widerstand aus den Reihen der Polizei geht allerdings weiter. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat nun einen weiteren Grund gefunden, zumindest gegen die bislang eingeführten Kennzeichnungsschilder eine Klage einzureichen. Abgegeben wurde die Musterklage schon letzten Monat, gestern gab dies der Berliner Landesvorsitzende Bodo Pfalzgraf auf einer Pressekonferenz bekannt. Während der DPolG Bundesvorsitzender Rainer Wendt erneut darauf hinwies, dass durch die Schilder die Privatsphäre der Polizisten verletzt werde und sich Repressalien gegen sie und ihre Familien nicht ausgeschlossen werden könnten, warnte Pfalzgraf überdies vor der Gefährlichkeit der Namensschilder aus Plastik. Die seien so scharfkantig, dass die Polizisten damit "lebensgefährlich verletzt" werden könnten. Pfalzgraf bewies dieser auf der Pressekonferenz gestern, indem er damit ein Eisbein aufschlitzte. Wenn ein solches Schild gegen den Hals eines Polizisten eingesetzt werde, könne es zu schlimmen Verwundungen kommen.
Die für 213.000 Euro angeschafften Namensschilder müssten also zumindest wohl schnell ersetzt werden, da sie nach der DPolG den normalen Eigensicherungskriterien nicht entsprechen würden. "Das ist lebensgefährlicher Murks, der Innensenator muss diese Namensschilder sofort wieder einsammeln lassen, bevor meine Kollegen verletzt werden!", verlangte Pfalzgraf. Berlins Innensenator habe die Schilder "zu schnell und billig" eingeführt, sagte Pfalzgraf.
Die Bundesregierung lehnt die individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten ab, wie sie im August auf eine Große Anfrage der grünen Bundestagsfraktion geantwortet hat. Sachlich sehe sie keinen Grund, es gebe auch kein "Aufklärungs- und Verfolgungsdefizit". Die Polizeibeamtinnen und -beamten der Bundespolizei seien sowieso "gehalten, auf Nachfrage Name, Amtsbezeichnung und Dienststelle zu nennen. In Gefahrensituationen kann sich der Polizeibeamte auf die Mitteilung der Dienstausweisnummer beschränken. Darüber hinaus ist eine Identifizierung über die taktische Kennzeichnung, polizeiliche Videoauswertung oder durch eine interne Zeugenbefragung möglich."