Pleitewelle bei portugiesischer Großbank hält an
Die dritte Holding der Gruppe hat Gläubigerschutz beantragt und der ehemalige Chef der Espírito Santo wurde wegen Steuerbetrug und Geldwäsche festgenommen
Die Lage um die portugiesische Großbank Banco Espírito Santo (BES) ist weiter verworren und hat sich wieder verschlechtert. Denn am Donnerstag hat die dritte Holding der Gründerfamilie Espírito Santo (Heiliger Geist) in Luxemburg Gläubigerschutz beantragt. Und es ist diese Espírito Santo Financial Group (ESFG), die mit gut 20% Hauptaktionär der BES ist. Auch die ESFG, die ihren Sitz in Luxemburg hat, könne ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen, hieß es in einer Erklärung an die portugiesische Börsenaufsicht.
Der Schritt war absehbar, nachdem die Holdings Espírito Santo International (ESI) am vergangenen Wochenende in Luxemburg einen Insolvenzantrag stellte und am vergangenen Dienstag die Holding Rioforte nachzog, die ihren Sitz auch im Steuerparadies hat.
Mit der ESFG fiel nun der dritte Dominostein in einem Firmengeflecht, in dem die Holdings untereinander und mit Portugals größter Bank verstrickt sind. Schon bevor ihr Hauptaktionär nun Gläubigerschutz beantragte, hatte die Bank am Mittwoch eingeräumt, die Insolvenzanträge von ESI und Rioforte könnten einen negativen Einfluss haben. ESI kontrollierte Rioforte komplett und hielt fast die Hälfte der Anteile an der ESFG, die mit abgestürzt ist. Nun werden Fragen wieder drängender, ob nach dem Hauptaktionär auch die Bank umfällt. Stärker davon betroffen könnte die französische Crédit Agricole werden, die 14,6% der BES-Anteile hält.
Klar ist, dass die steigende Unsicherheit die BES-Aktien gegen den Trend an der Lissabonner Börse am Freitag wieder um fast 8% in den Keller gezogen hat. Betroffen waren auch andere Bankaktien wie die der Banco Comercial Português (BCP). Denn wie die BES sind diverse portugiesische Banken und börsennotierte Unternehmen mit insgesamt fünf Milliarden Euro ins Firmenuniversum der Gründerfamilie involviert.
Dass nun auch der ehemalige Chef der BES-Bank am Donnerstag festgenommen wurde, hat die Lage weiter zugespitzt. Es sind nur zehn Tage vergangen, nachdem die portugiesische Zentralbank den Firmenpatriarch Ricardo Salgado nach 22 Jahren an der BES-Spitze zum Rücktritt gedrängt hatte, weil er Verluste bei der BES in einer Höhe von 1,3 Milliarden Euro verschleiert haben soll. Erstmals in ihrer fast 150jährigen Geschichte führt nun ein familienfremder Manager das Geldinstitut.
Gegen Salgado wird wegen des Verdachts auf Steuerbetrug, Fälschung und Geldwäsche ermittelt. Allein zwischen 2006 und 2012 sollen dem Staat mehr als 200 Millionen Euro an Steuern entgangen sein. Das Geld wurde über dieSchweiz und die Kapverden umgeleitet. Das Betrugsnetzwerk sollen vor allem Anwälte, Politiker und Unternehmer genutzt haben. Salgado kam erst nach einer siebenstündigen Vernehmung auf Kaution wieder frei. Drei Millionen Euro musste er dafür hinterlegen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Ermittlungen laufen bereits seit drei Jahren. Im Dezember 2012 hatte Salgado freiwillig ausgesagt und wurde von der Staatsanwaltschaft noch nicht als Verdächtiger in der Operation "Monte Branco" (Mont Blanc) eingestuft. Doch die Verdachtsmomente haben sich nach Durchsuchungen in Miami und Lissabon gerade verfestigt. Am größten Fall der Steuerhinterziehung und Geldwäsche Portugals soll eine Gesellschaft zur Vermögensverwaltung in der Schweiz beteiligt gewesen sein.
Die neue Insolvenz und die Festnahme fahren der konservativen Regierung in die Parade, die mit allen Mitteln versucht, die Verstaatlichung der letzten börsennotierten Bank des Landes mit Steuergeldern zu verhindern. Die letzten Tage waren die Kurse der BES-Aktien zum Teil wieder stark gestiegen, nachdem bekannt wurde, dass die US-Investmentbank Goldman Sachs 2,27% der Aktien übernommen hatte. Allerdings war die US-Bank schon Mitte Juni eingestiegen. Das kann nicht als Zeichen gewertet werden, dass sich neue private Geldgeber für eine neue Kapitalerhöhung finden, wie es der Chef der Zentralbank hofft. Muss der Staat einspringen, dürfte das Land neue Rettungsgelder benötigen, nachdem Portugal erst im Mai aus dem Rettungsschirm ausgestiegen ist.