Portugal wird auch in Davos hofiert
Das Land wird als ein Beispiel für eine "positive Entwicklung" genannt, das sich "vom Sorgenkind zur Vorzeigewirtschaft" gemausert habe
Portugal ist nun auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos in Mode. Wurde lange auf die Linksregierung eingeprügelt, weil sie die absurde Austeritätspolitik aufgekündigt hat, wird das Land nun gelobt. Sogar die großen US-Ratingagenturen, die das Land unter der Linksregierung wieder unter den Rettungsschirm drängen wollten, haben angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung längst den Daumen heben müssen, um sich nicht vollständig mit absurden Einstufungen lächerlich zu machen.
Noch Anfang des vergangenen Herbstes stuften alle drei US-Agenturen portugiesische Staatsanleihen als Ramsch ein. Im September hob zunächst Standard & Poors seine Bewertung wieder auf "investment grade" an. Kürzlich hat Fitch die Einstufung sogar gleich um zwei Stufen angehoben, ein "Novum" für das Land, wie die Agentur hervorhob. Nur Moody’s stuft die Anleihen noch als Junk ein und wird dies vermutlich im April korrigieren.
So ist Portugal nicht nur bei Urlaubern, sondern auch auf dem Weltwirtschaftsforum beliebt. Euronews kommt in einem Artikel über Davos zur Einschätzung, dass Portugal das europäische Land ist, "das am besten dasteht, es zieht Investitionen vor allem aus Frankreich, Deutschland und sogar China oder Indien an." Tatsächlich kann man zu einem solchen Ergebnis kommen, vor allem wenn man die Ergebnisse der Linksregierung mit denen der konservativen Nachbarn in Spanien vergleicht, wo politisch und ökonomisch weiter Chaos herrscht.
Das macht Euronews zwar nicht, verweist aber auf die sehr positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. "Dank der guten Entwicklung ist die Arbeitslosenquote beim einstigen Sorgenkind Portugal auf 8,4 Prozent gesunken, die niedrigste der letzten 12 Jahre und der Trend hält an."
Spanien, das im vergangenen Jahr sogar ein höheres Wachstum als Portugal verzeichnet hat, kommt nach Angaben von Eurostat saisonbereinigt aber sogar auf eine mehr doppelt so hohe Arbeitslosenquote von 16,7%. Portugal liegt nach Eurostat mit 8,2% sogar deutlich unter dem Durchschnitt im Euroraum (8,7%).
Anders als Spanien, das auch 2017 weiter das Defizitziel von 3% nicht eingehalten hat, hatte die Linksregierung auch das schon Ende 2016 mit gut 2% im Griff. Im vergangenen Jahr dürfte es im Bereich von 1% gelegen haben und da sich die Finanzierungsbedingungen seit Herbst deutlich verbessert haben, hält der Trend an, weshalb das Land nun mit seinem nachhaltigen Wachstum auf einen Überschuss zusteuert.
Das Wachstum erreicht auch die Ärmsten der Armen
Gefragt wurde der portugiesische Wirtschaftsminister, "wie es Portugal geschafft hat, sich nach der Finanzkrise so schnell zu erholen". Dafür führt Manuel Caldeira verschiedene Gründe an. Vor allem denkt er, "dass das Wachstum in Portugal ein gerechtes Wachstum ist; es erreicht nicht nur einen Teil der Gesellschaft, sondern alle, auch die Ärmsten der Armen profitieren." Man habe deshalb eine deutliche Reduzierung der Armutsquote im letzten Jahr erreicht, während die Beschäftigungsrate kräftig steige.
Portugal verzeichnete 2017 ein jährliches Wachstum von 2,8% und Caldeira erwartet, dass es im laufenden Jahr ähnlich oder besser ausfällt. Die Exporte aus dem Land legten dabei kräftig zu. "2017 endete mit einem Plus von 11,5 Prozent bei den Exporten, das heißt, unsere Wirtschaft ist wettbewerbsfähig für den Weltmarkt, und gleichzeitig wachsen diese Märkte", erklärt der Wirtschaftsminister. Neben Export und Investitionen haben aber auch die gestiegene Binnennachfrage wegen höherer Löhne und höheren Beschäftigungszahlen zu diesem Erfolg beigetragen.
Die Linksregierung zielt weiter auf ein Wachstum ab, an dem alle teilhaben. "Das Geheimnis war, von einer Politik des Sparens zu einer moderaten Politik zu wechseln, einer verantwortungsvollen Politik, im Sinne von Abbau öffentlicher Schulden, um die Defizite zu reduzieren und gleichzeitig Luft für Wachstum zu schaffen." So baue man Vertrauen auf – das der Menschen und das der Investoren, seien es inländische oder ausländische. Und das Vertrauen sei wegen des Politikwechsels der Linksregierung gewachsen.
Spanische Firmen wandern ab
Wie Telepolis schon berichtet hatte, ist man in Spanien zunehmen besorgt über den portugiesischen Erfolg, da immer mehr Firmen abwandern und nun auch immer mehr Spanier auf Arbeitssuche nach Portugal gehen. In Galicien ist die Angst besonders groß, wo man die "totale Unattraktivität" angesichts einer "miserablen" rechten Regierung, eine "inexistenten Industriepolitik" beklagt und eine koordinierte Industrie- und Infrastrukturpolitik vermisst, wie es sie in Portugal nun gibt.
So hat die Zeitung "La Voz de Galicia" am Dienstag damit aufgemacht, dass immer mehr Firmen ihre Tätigkeiten hinter die Grenze verlegen. "Bis zum dritten Quartal 2017 hat das Land direkte Auslandsinvestitionen in einer Höhe von mehr als einer Milliarde Euro angezogen", beschreibt das Blatt den "süßen Augenblick". Mehr als 500 Firmen aus Galicien behielten zwar weiter ihren Sitz in der spanischen Region, investiere aber in Portugal in Wachstum.
Alles gehe dort wesentlich einfacher und schneller, werden galicische Unternehmer zitiert, die in Portugal investieren. "Portugal ist heute weltweit ein Beispiel für Start-up-Unternehmen", wird berichtet. Tatsächlich haben es Galicier, die sich ihre Sprache vom Zentralstaat noch nicht haben austreiben lassen, im Nachbarland besonders einfach, da man praktisch einen Dialekt davon hinter der portugiesischen Grenze spricht.