Saarland: Der Sündenfall der Grünen

Im Saarland haben die Grünen nicht inhaltlich, sondern nur personell entschieden - das wird die Grünen vollends entzaubern.

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Vermutlich ist mit der Entscheidung der Saar-Grünen, nicht aus inhaltlichen, sondern vornehmlich aus personellen Gründen eine Jamaika-Koalition bilden zu wollen, ein Tabubruch geschehen. Bislang hatten sich die Grünen, trotz der schwarz-grünen Koalition in Hamburg, als Teil des linken Parteinspektrums gegeben und damit wohl auch in der Bundestagswahl, aber auch in der Wahl im Saarland Stimmen gewonnen. Nun könnten die Grünen nach dem Entschluss des Parteitags im Saarland dem Kurs der SPD nach unten folgen. Mit der Glaubwürdigkeit ist es nicht weit her, man geriert beleidigt und machtstrategisch - und düpiert die Wähler.

Die Entscheidung – die wahrscheinlich der Saar-Grünen-Chef Hubert Ulrich längst angezielt hatte – gegen einen Politikwechsel war allerdings ziemlich deutlich. 78 Prozent stimmten auf dem Parteitag der Saar-Grünen zu, mit CDU und FDP Koalitionsverhandlungen aufzunehmen, während auf der Website der Grünen auf Bundesebene noch zu lesen war: "Eine rot-rot-grüne Regierung hätte das Land erneuert" oder "Die Grünen werden es der schwarzen-gelben Regierung nicht leicht machen". Mühsam sich beherrschend musste der Bundesvorsitzende Trittin in den Tagesthemen eingestehen, dass man dieses Ergebnis nicht wollte, sondern dass es die Entscheidung der Saar-Grünen sei, die man nicht verallgemeinern dürfe.

Der CDU wird die Entscheidung nicht nur deswegen Recht sein, ein Rot-Rot-Grün-Bündnis abzuwehren, das auch Folgen für den Bundesrat hätte, sondern auch deswegen, weil damit die FDP besser kontrollierbar wird. Für die Sicherheitsfanatiker in der CDU dürfte ein Zusammengehen mit FDP und Grünen keinen guten Ausgang haben. Interessant wird es etwas werden, wie es mit der Kohle und der Bildung weitergeht, also beispielsweise, ob die Studiengebühren fallen werden. Für die Grünen selbst wird die Entscheidung zur Zerreißprobe werden. Sie könnte schon bei der nächsten wichtigen Wahl in Nordrhein-Westfalen den Grünen Stimmen kosten. Wählt man grün, um FDP und CDU zur Macht zu verhelfen?

SPD und Linke sind natürlich sauer. Mit den Grünen als Joker, die eine linke und rechte Mehrheit zur Macht verhelfen könnten, verfällt das linke Lager, auch wenn es damit rechnen kann, dass die Grünen in Zukunft an Bedeutung verlieren werden. Bauen SPD und Linke ihre ökologische Kompetenz aus und verhalten sich kooperativer, werden die Grünen, Konkurrenten der FDP in der Schicht des Mittelstands, die Verlierer sein. Mit dem Slogan "Das Saarland verändern" sind die Grünen angetreten, im Parteiprogramm heißt es am Anfang. "Nach zehn Jahren konservativer Regierung braucht das Saarland dringend den Wechsel. Die mit absoluter Mehrheit regierende CDU ist verbraucht, sie bedrückt die Menschen durch rücksichtslose Machtausübung, missachtet Bürgervoten und verhält sich obrigkeitsstaatlich." Die CDU-Regierung müsse "abgelöst" werden, wurde versprochen, jetzt wird sie mit den Grünen erneut durchgesetzt.