Satelliten, Flugzeuge und Drohnen gegen Steuersünder
Die spanischen Finanzbehörden heben einen milliardenschweren Steuerschatz aus der Luft
In Spanien werden immer mehr Steuersünder aus der Luft aufgespürt. Dafür wurden zunächst Satellitenbilder und Luftbilder aus Flugzeugen eingesetzt, zunehmend kommen auch Drohnen zum Einsatz, die Aufnahmen in viel größerer Auflösung ermöglichen. In bisher gut 4000 Städten und Gemeinden wurde eine Prüfung abgeschlossen. Schon seit 2014 werden Luftaufnahmen mit Katastereintragungen verglichen, nachdem im Vorjahr ein Pilotprojekt auf Mallorca abgeschlossen worden war. Festgestellt wurde, dass im ganzen Land Schwarzbauten, Garagen oder Schwimmbäder errichtet oder Anbauten vorgenommen wurden. Die wurden oft nicht gemeldet, um einen Teil der Grundsteuer zu sparen.
Über das Programm, das geschätzt 80 Millionen Euro gekostet haben soll, wurden bisher fast 1,7 Millionen Steuersünder ermittelt. In leere öffentliche Kassen wurden damit 1,25 Milliarden Euro gespült. Für krisenbedingt darbende Gemeinden ist das eine starke Geldspritze, denn etwa die Hälfte ihrer Einnahmen kommt aus dieser Steuer. Für jeden eingesetzten Euro flossen somit 16 zurück. Bisher sind die Ermittlungen aber noch nicht abgeschlossen. Sie laufen weiter, bis alle mehr als 6000 Gemeinden überprüft sind, weshalb sich die Zahlen noch erhöhen werden.
Knapp neun Prozent aller Katastereintragungen sind nicht korrekt. Der Großteil der Fälle betrifft Anbauten oder Zubauten, allerdings haben die Prüfer auch viele Grundstücke festgestellt, die als unbebaut galten, aber längst bebaut sind. Sie machen ein Drittel aller Fälle aus. Die Finanzbehörden rechnen in solch einem Fall beispielhaft vor, dass für das unbebaute Gelände mit einem Wert von 22.000 Euro jährliche eine Steuer in Höhe von 132 Euro fällig wurde. Bebaut stieg der Wert auf 88.000 Euro, womit jährlich 528 Euro anfallen. Das ist Steuerausfall von fast 400 Euro im Jahr.
Im großen südspanischen Andalusien wurden mit gut 370.000 Steuersündern fast ein Viertel aller Fälle aufgedeckt. Aber an zweiter Stelle liegt das nordwestspanische Galicien mit mehr als 210.000 Sündern. Da dort deutlich weniger Menschen als in Andalusien leben, ist Galicien klarer Spitzenreiter. Aus dieser Region kommt der konservative spanische Regierungschef Mariano Rajoy, der gerade verzweifelt versucht, wieder Regierungschef zu werden.
In Andalusien haben Sozialdemokraten, Ciudadanos (Bürger) und PP die Schwarzbauten nachträglich legalisiert
Die Finanzbehörden betonen, von ihrer Seite bestehe keine Strafabsicht. Ertappte Steuersünder müssen lediglich eine Gebühr in Höhe von 60 Euro bezahlen, mit denen die Kosten des Verfahrens getragen werden sollen. Allerdings kommen damit schon bisher etwa 96 Millionen zusammen, die deutlich über den geschätzten Kosten liegen. Die Behörden machen aber keine Angaben, welche Kosten durch das Programm real entstehen. Die Bestrafung besteht derzeit vor allem darin, dass für bis zu vier Jahre die Steuern nachgezahlt werden müssen. Die Katasterbehörde ist aber für Geldstrafen auch nicht zuständig, denn die liegen in der Kompetenz der Gemeinden und Regionen, weshalb auch noch härtere Sanktionen folgen können.
Andalusien wurde davon allerdings nun schon weitgehend befreit. Kürzlich hat das Regionalparlament eine Reform des Bau- und Erschließungsgesetzes abgesegnet und damit der Großteil der Schwarzbauten nachträglich legalisiert. In trauter Einigkeit stimmten dafür mit den regierenden Sozialdemokraten auch die neoliberalen Ciudadanos (Bürger) und die rechte Volkspartei (PP). Podemos und die Vereinte Linke enthielt sich. Die Schwarzbauten müssen mindestens sechs Jahre stehen, dürfen sich nicht in Schutzgebieten oder Überschwemmungszonen befinden und erhalten mit der Legalisierung nun ein Recht auf einen legalen Strom- und Wasseranschluss. Ausgenommen aber die Bauten, gegen die schon ein Abrissverfahren eingeleitet wurde.
Es gibt aber auch etliche Einsprüche, weil zum Beispiel größere aufblasbare Schwimmbecken als feste Installationen interpretiert wurden. Teilweise wird auch die Legalität der "Montoro-Drohnen" (benannt nach dem Finanzminister Cristóbal Montoro) bezweifelt und die Verletzung der Privatsphäre aller per Generalverdacht beklagt. Kritiker meinen, es werde vermutlich nur deshalb nicht bestraft, weil dann in Gerichtsverfahren festgestellt werden würde, dass das Vorgehen nicht vom Gesetz gedeckt ist.
Die Frage ist auch, ob die Aufnahmen nicht auch genutzt werden, um Solarmodule aufzuspüren, die nicht ins Register eingetragen wurden. Im vergangenen April wurden zahllose PV-Anlagen in die Illegalität gedrängt. Es gibt zahllose "Solar-Kriminelle", die sich nicht damit abfinden wollen, nun auch für den eigenverbrauchten Strom mit einer "Sonnensteuer" belegt zu werden. Gerechtfertigt wird die damit, dass sich auch Eigenverbraucher an den Netzkosten beteiligen müssten. In Deutschland sind solche kleinen Anlagen (noch) befreit. Dabei beteiligen sich die Kleinanlagen schon darüber an den Netzkosten, da sie nichtverbrauchten Strom nun gratis ins Netz einspeisen. Wer seine Anlage in Spanien nicht registrieren ließ, dem drohen horrende Strafen von bis zu 60 Millionen Euro.