Spritpreis: Das große Stöhnen
Wer hat Grund zu klagen, wer profitiert und was könnte getan werden?
Nun sind wir also tatsächlich bei den fünf DM pro Liter Kraftstoff, die die Grünen einst gefordert haben. Und es ist nicht einmal ihre Schuld, dass es so weit gekommen ist.
Da mag der Stammtisch noch so sehr auf Energiewende, Windräder, Fahrradfahrer, Gendersternchen und sonst was schimpfen – das alles hat rein gar nichts mit den davon galoppierenden Energiepreisen im allgemeinen und der Fassungslosigkeit im Besonderen zu tun, die manchen dieser Tage beim Blick auf die Preisschilder an den Tankstellen überfällt.
Eher schon sind die Ursachen auf dem Weltmarkt zu suchen, in Russlands Krieg gegen die Ukraine, den westlichen Reaktionen darauf, aber auch in der immer noch steigenden Nachfrage nach Öl und Erdgas und der Tatsache, dass seit vielen Jahren zu wenig in die Erkundung und Erschließung neuer Vorkommen investiert wird.
Auch der Umstand, dass diese immer schwieriger zu finden sind, dass nur noch schwer zugängliche Felder in der Tiefsee oder Arktis mit entsprechend höherem Aufwand bei der Förderung der Erschließung harren, spielt eine Rolle.
Auffällig an den hiesigen Kraftstoffpreisen ist allerdings der im Vergleich zu vielen Nachbarstaaten hohe staatliche Anteil am Preis. Der Kunde an der Tankstelle sorgt nicht nur für reichlich Einnahmen und Gewinne bei den Erdölgesellschaften, er füllt auch das Staatssäckel.
Unser Verständnis für das Selbstmitleid vieler Autofahrer, das dieser Tage mal wieder grenzenlos zu sein scheint, sollte sich dennoch auf jene fünf bis sieben Prozent der Haushalte konzentrieren, die arm, aber dennoch zum Besitz eines Autos aufgrund zu schlechter öffentlicher Infrastruktur gezwungen sind.
Was den Rest der Autofahrer angeht, all jene, die es bisher nicht für nötig erachtet haben, sich beim Kauf ihres Stadtpanzers Gedanken über deren Verbrauch zu machen, sei darauf verwiesen, dass sich Staat und Gesellschaft den motorisierten Individualverkehr erhebliches kosten lassen.
Durch Zehntausende Unfallopfer und vorzeitige Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung und Lärmbelastung, durch Straßenbau und -unterhalt, durch die für die Regelung des Verkehrs und die Zähmung seiner rücksichtslosen Teilnehmer notwendigen Polizisten.
Steuern und Abgaben
Doch werfen wir einen näheren Blick auf die Zusammensetzung des Benzin- und Dieselpreises an den deutschen Tankstellen. Angaben hierzu finden sich unter anderem beim Automobilclub von Deutschland (AvD) und bei dessen größeren und bekannteren Konkurrenz ADAC, hat dazu auf seiner Internetseite ein paar hilfreiche Informationen.
Zum einen ist da die Energiesteuer (früher als Mineralölsteuer bekannt). Sie ist nicht niedrig, aber sie stellt einen Festbetrag dar, kann also nicht für die derzeitigen Preissteigerungen verantwortlich gemacht werden.
Unabhängig von der Höhe des Kraftstoffpreises entfallen auf die Steuer bei einem Liter Benzin 65,45 Cent und bei Diesel 47,04 Cent, jeweils in den unteren, weniger schwefelhaltigen Kategorien.
Dieselkraftstoff wird begünstigt, weil seine Energiedichte größer ist. Pro Liter Kraftstoff bietet er mehr Leistung. Allerdings ist die von Dieselmotoren angerichtete Luftverschmutzung gravierender. Seine im europäischen Vergleich eher unübliche Bevorzugung gegenüber dem Benzin ist daher nicht unbedingt nachvollziehbar, wird allerdings durch die höhere KfZ-Steuer für Dieselfahrzeuge etwas ausgeglichen.
Auch die seit 2021 anfallende CO₂-Steuer ist preisunabhängig und mit sieben bis acht Cent eher in der Größenordnung der derzeitigen täglichen Preissprünge. Die Erdölbevorratungsabgabe, mit der eine nationale Erdöl-Notreserve finanziert wird, ist noch kleiner: 0,3 Cent pro Liter Diesel und 0,27 pro Liter Benzin, ebenfalls unabhängig vom Preis.
Und dann ist da noch die Mehrwertsteuer. 19 Prozent wird auf den Netto-Preis draufgeschlagen, also auch auf die anderen Steuern und Abgaben.
Damit verdient der Fiskus derzeit recht gut an den explodierenden Kraftstoffpreisen, denn je teurer der Sprit, desto höher der Betrag der gezahlten Mehrwertsteuer.
Insofern sind die von verschiedener Seite vorgetragenen Überlegungen nachvollziehbar, die Mehrwertsteuer abzusenken. Auf jeden Fall würde das Haushalte mit niedrigem Einkommen eher entlasten, als die beschlossene Anhebung der Pendlerpauschale.
Diese wird nämlich von der Einkommenssteuer abgezogen, weshalb von ihr nur profitieren kann, wer nicht in seiner Börse ein schwarzes Loch hat.
Ansonsten wären aber, wie bereits gestern skizziert, Staat, Länder und Kommunen vor allem gefordert, Alternativen zum Autoverkehr zu schaffen, um den bisher auf das Auto Angewiesenen den Umstieg zu ermöglichen. Mit anderen Worten: Eine Verkehrswende ist überfällig. Seit mindestens 40 Jahren.