Südkorea: Liberaler liegt in Hochrechnungen vorn
Bei den Präsidentschaftswahlen in dem ostasiatischen Land zeichnet sich eine Entmachtung der Konservativen ab. Potenzieller Sieger tritt für Dialog mit dem Norden ein
In Südkorea hat am Dienstag bei den dortigen Präsidentschaftswahlen offenbar der liberale Kandidat Moon Jae-in das Rennen gemacht. Moon konnte sich gegen das seit zehn Jahren regierende, mit der ehemaligen langjährigen Militärjunta verbundene konservative Lager durchsetzen. Nachdem die bisherige Amtsinhaberin Park Geun-hye, Tochter eines ehemaligen Militärdiktators, im Dezember von einer beispiellosen Massenbewegung wegen eines Korruptionsskandals aus dem Amt gedrängt wurde, sind die Konservativen desorientiert. Zu den Wahlen konnten sie sich auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen.
Die Wahlurnen wurden um 20 Uhr Ortszeit (13 Uhr MESZ) geschlossen. Die Stimmen sollen bis 7 Uhr am nächsten Morgen (24 Uhr in Mitteleuropa) ausgezählt sein. Nachwahlbefragungen zeigten für Moon ein Ergebnis von etwas über 40 Prozent der Stimmen. Hochrechnungen sahen ihn nach dem Auszählen eines knappen Drittels der abgegebenen Stimmen bei 39,2 Prozent. In Südkorea gewinnt schon im ersten Durchgang der Kandidat mit den meisten Stimmen. Moons stärkster Gegner liegt in den Hochrechnungen derzeit bei 26 Prozent.
Moon ist ein ehemaliger Menschenrechtsanwalt und wurde von der Demokratischen Partei aufgestellt. In den letzten Wahlen war er der inzwischen des Amtes enthobenen Park knapp unterlegen. Im Vorfeld der diesjährigen Wahlen hatte er die Bevölkerung aufgerufen, Vorschläge für sein Regierungsprogramm zu machen, aus denen er vor allem soziale Forderungen und eine verschärftes Vorgehen gegen sexuelle Belästigungen aufgriff, wie die Korea Times berichtet.
Im Konflikt mit Nordkorea (siehe zum Beispiel Nordkorea: Kim allein zu Haus) tritt er für Dialog ein und wirft den konservativen Regierungen der letzten zehn Jahre vor, durch ihre harte Haltung die jetzige Situation mitverursacht zu haben. Nach Darstellung der Nachrichtenagentur Reuters tritt Moon für eine zweigleisige Politik aus Sanktionen und der Unterstützung von Reformen ein. Südkorea solle eine aktivere Politik betreiben und nicht nur zuschauen, wie die USA und China über eine Lösung der Krise debatieren.
Ansonsten wolle Moon die mächtigen, von Familien geleiteten Konglomerate wie Samsung und Hyundai "reformieren", was vermutlich heißt, dass sie in ihrer Macht beschnitten werden sollen. Moon habe außerdem eine Erhöhung der Staatsausgaben angekündigt, um Arbeitsplätze zu schaffen.