US-Geheimdienst DIA will Information der Bundeswehr über die Ukraine
Verteidigungsministerium bestätigt Anfrage des Defense Intelligence Service, BND-Kontakte vor und nach der Reise bereits bekannt
Gut sechs Wochen nach der Freilassung von Mitgliedern der Bundeswehr und Militärs anderer NATO-Staaten im Osten der Ukraine kommen weitere Details über die Beobachtungsmission ans Tageslicht.
Auf Nachfrage der linken Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel hat das Verteidigungsministerium nun eingestanden, dass der US-amerikanische Militärgeheimdienst DIA detaillierte Informationen der Bundeswehrangehörigen angefragt hat. Dabei ging es um Informationen, "die inhaltlich über die routinemäßig verteilten Einsatzberichte hinausgehen", bestätigte das Parlaments- und Kabinettsreferat des Verteidigungsministeriums auf wiederholte Nachfrage.
Die Erklärung des Ministeriums, die Telepolis vorliegt, ist brisant, weil die Separatisten im Osten der Ukraine die Militärbeobachter der Spionage bezichtigt hatten. Mehrere Politiker der Linksfraktion im Bundestag hatten sich diesen Vorwurf zu eigen gemacht.
Die Militärbeobachter waren im Mai im Osten der Ukraine von separatistischen Milizen unter dem Spionagevorwurf festgenommen und eine Woche lang festgehalten worden. Die Gruppe bestand aus drei Bundeswehrmitgliedern, einem deutsch-ukrainischen Übersetzer, der von deutscher Seite gestellt worden war, sowie jeweils einem Militär aus Tschechien, Dänemark und Polen.
Die meisten Medien folgten der offiziellen Sprachregelung, nach der die Männer Teil einer "OSZE-Beobachtermission" gewesen seien ("Das ist ein Verstoß gegen alle Standards"). Dies hatte der stellvertretende Leiter des OSZE-Krisenpräventionszentrums, Claus Neukirch, jedoch dementiert. Der Funktionär stellte fest, das es sich bei den Festgesetzten um Mitglieder einer bilateralen Mission unter Leitung der Bundeswehr handele, die einer Einladung der damaligen De-facto-Regierung Kiews gefolgt war. Grundlage dafür war das "Wiener Dokument 2011 der Verhandlungen über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen" ("Die Tätigkeiten der Beobachter sind ein wichtiger Beitrag zur Deeskalation").
Die jüngste Enthüllung reiht sich in einer Serie von Berichten über geheimdienstliche Kontakte der Militärbeobachter aus den vier genannten NATO-Staaten ein. Zwei Tage nach der Rückkehr der Missionsmitglieder nach Deutschland hatte die Süddeutsche Zeitung über eine beratende Vorbereitung der Militärbeobachter durch den Bundesnachrichtendienst (BND) berichtet. Die Deutsche Presse-Agentur bestätigte dies am selben Tag und fügte an: "Wenn der Einsatz (der Militärbeobachter) vorbei ist, kommt der BND auch an ihre Berichte." Die wahrscheinliche Weitergabe darüber hinausgehender Informationen an den US-amerikanischen Militärgeheimdienst DIA hätte eine neue Dimension.
"Dass es auf der einen Seite einen offiziellen Bericht gibt und auf der anderen Seite darüber hinausgehende, inoffizielle Informationen, ist an sich ein Skandal", kommentierte die Linken-Abgeordnete Hänsel die Antwort des Verteidigungsministeriums gegenüber Telepolis. Dieses Vorgehen bestätige die im Raum stehenden Vorwürfe gegen die Mission von Militärmitgliedern aus NATO-Staaten, nachrichtendienstliche Ziele verfolgt zu haben. "Ich erwarte von der Bundesregierung, diese Anfrage abzulehnen, um die Glaubwürdigkeit der OSZE nicht noch weiter zu schädigen als dies ohnehin schon geschehen ist", so Hänsel.