Udmurtische Omis wollen European Song Contest gewinnen

Mit dem Preisgeld soll in ihrem Dorf Buranowo eine Kirche gebaut werden

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Heute findet im aserbaidschanischen Baku die Endausscheidung des European Song Contest (ESC) statt, der früher Grand Prix Eurovision de la Chanson hieß. An dem nach Angaben von aserbaidschanischen Oppositionellen 629,8 Millionen Euro teuren Spektakel (das unter anderem zu Drohungen von Islamisten und zum Abzug des iranischen Botschafters wegen "Verletzung religiöser Gefühle" führte) nehmen Musiker aus 42 Ländern teil, von denen 16 in zwei Halbfinals ausschieden. Unter den verbliebenen 26 sticht vor allem eine Teilnehmergruppe hervor: Die Buranowskije Babuschki. Sie besteht aus acht Omis in udmurtischer Tracht, die für Russland antreten, aber ein Stück in udmurtischer Sprache mit englischen Einsprengseln zum Besten geben.

Udmurtien ist ein Gebietsflecken am Uralgebirge, in dem nur etwa eineinhalb Millionen Menschen leben, wovon ein gutes Drittel dem namensgebenden Volk angehört, das eine finno-ugrische Sprache spricht. Geht man nach der ethnischen Verwandtschaft, die bei der ESC-Punktevergabe in der Vergangenheit eine Rolle spielte, dann dürfte die Gruppe nur aus Finnland, Estland und Ungarn gute Bewertungen bekommen. Allerdings ist gut möglich, dass die relativen Alleinstellungsmerkmale Alter und Exotik für Punkte aus anderen Ländern sorgen. Weitere Sympathien in der Zielgruppe könnte die Ankündigung bringen, dass die Gruppe ihrem Dorf Buranowo mit dem Preisgeld eine Kirche stiften will.

Die udmurtischen Omis, die angeblich seit Sowjetzeiten zusammen Stücke der Beatles und der Eagles anstimmen, gelten aber auch deshalb nicht als chancenlos, weil die Konkurrenz so schwach ist. In Deutschland stieß die Vorausscheidung mit ihren durchwegs faden Teilnehmern auf so wenig Publikumsinteresse, dass die ARD deshalb ihre Zusammenarbeit mit ProSieben beenden will. Entsprechend geringe Aussichten werden dem bärtigen Karohemdenträger Roman Lob eingeräumt, der mit dem Stück "Standing Still" für die Bundesrepublik ins Rennen geht. Gefährlicher werden könnte den Buranowskije Babuschki da schon der britische Teilnehmer Engelbert: Er ist mit 76 Lenzen nur wenig jünger als die ältesten der Omis und verfügt durch Charterfolge in den 1960er und 70er Jahren immer noch über eine gewisse internationale Bekanntheit.