Umweltjournalismus geht anders

Bild: Manfred Richter/Pixabay

ZDF-Umweltredakteur will Klimakrise mit Kohlekraftwerken bekämpfen. Ein Kommentar

Wir schreiben das Jahr 2021. Hierzulande sind gerade über 180 Menschen bei einer der schlimmsten Naturkatastrophen der jüngeren deutschen Geschichte ums Leben gekommen. Im benachbarten Belgien weitere 32. Ausgelöst durch nie gesehene Niederschläge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis des Klimawandels sind. Die Ursachen des Klimawandels sind seit mindestens 120 Jahren der Wissenschaft recht gut bekannt.

In Griechenland, in der Türkei, in Italien, im Libanon, in Peru, Kalifornien, Bolivien, Brasilien, Syrien, Algerien und Russland brennen in diesen Tagen Wälder und Dörfer lichterloh, in Athen sogar die Vororte. In Nordkorea, im russischen Fernen Osten, in den indischen Bundesstaaten Uttar Pradesh, Rajasthan und Madhya Pradesh, in Indonesien, im Sudan, in Äthiopien und in der chinesischen Provinz Sichuan gab es hingegen – ebenfalls in den letzten Tagen und überwiegend noch andauernd – schwere Überschwemmungen mit Hunderttausenden Evakuierten und einer unbekannten Zahl von Todesopfern. Zum Teil zum wiederholten Mal in diesem Sommer.

Das alles wird in einem wärmeren globalen Klima noch häufiger werden, und zwar je mehr, umso mehr Treibhausgase in den nächsten Jahrzehnten noch in die Luft geblasen werden. Dies ist eine der ziemlich eindeutigen Botschaften des neuesten BerichtsTelepolis schrieb gestern darüber – des sogenannten Weltklimarates, des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).

Eine andere ist, dass mit großer Wahrscheinlichkeit das 1,5-Grad-Celsius-Limit der Pariser Klimaübereinkunft schon im nächsten Jahrzehnt erreicht werden wird und dass nur mit größten Anstrengungen die Erhitzung des Planeten noch auf dieses gerade noch als verträglich angesehene Niveau beschränkt werden kann.

Das alles ist eigentlich seit vielen Jahren bekannt. Umso unfassbarer ist, was die Umweltredaktion des ZDF aus dem Bericht macht. Für den Leiter des ZDF-Umweltressorts Volker Angres ist der Bericht nämlich vor allem Anlass, wiederholt Werbung für den Export deutscher Kohlekraftwerke nach Indien oder Südafrika zu machen und es auch noch so darzustellen, als sei dies eine Forderung des IPCC.

Das ist allein schon deshalb absurd, weil der Bericht der IPCC-Arbeitsgruppe 1 sich allein mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen beschäftigt und bestimmt keine konkreten Politikempfehlungen an Regierungen formuliert. Anpassungs- und Vermeidungsmaßnahmen werden in den anderen Arbeitsgruppen diskutiert.

Angres Behauptung ist aber auch deshalb abwegig, weil mit neuen Solaranlagen und Windrädern inzwischen deutlich günstiger Strom produziert werden kann, als mit einem neugebauten Kohlekraftwerk. Das gilt für das weniger sonnenverwöhnte Deutschland.

Und ja, es stimmt. In Südafrika ist nach 14 Jahren Bauzeit (Angres: "Kohlekraftwerke gehen viel schneller") letzte Woche eines der größten Kohlekraftwerke der Welt in Betrieb gegangen. Derzeit steht es allerdings für unbekannte Zeit still, weil es in dem Werk am Sonntagabend zu einer schweren Explosion gekommen ist, wie der Sender NTV berichtet. So viel zum Thema Versorgungssicherheit mit Großkraftwerken.