Volle Auftragsbücher für Killer-Kommandos

Nach Abbottabad: Das US-Miltär setzt auf "Special-Teams"

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Die USA hatten in den letzten Jahren wenig Success-Storys, die ihrem Ruf als militärische Supermacht neuen Glanz zufügten. Aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan bleibt eher der Eindruck eines schwerfälligen Armeeapparates, der sich hart damit tat, im asymmetrischen Krieg auf der Höhe seines Rufes zu bleiben, der Nimbus der Übermacht wurde Jahrzehnte nach Vietnam erneut gebrochen; Diskussion über eine veraltete Strategie, die noch an Vorgaben aus dem kalten Krieg festhielt, waren die Konsequenz.

Der spektakuläre Einsatz des Killerteams in Abbottabad ist ein Wendepunkt in der Öffentlichkeitswirkung: "No enemy is safe anywhere", wird wieder mit Stolz verkündet. Begleitet wird die Wende von einem aufgefrischten Selbstbewußtsein, das sich etwa in einem Bericht des Wall Street Journals zeigt. Dort wird gleich zum Auftakt präsentiert, dass es noch mehr solcher Hunter-Killer-Kommandos wie das Navy SEAL-Team gebe, das Osama Bin Laden getötet hat. Dass das Militär in den letzten Jahren im Geheimen aufgebaut hat, was al-Qaida und Talibanchefs und - Unterchefs erneut das Fürchten lehren soll.

Seit 2009 ist die Zahl der "Strike-Teams" von vier auf 20 ausgebaut worden, die Besetzung varriiert ziemlich: von 10 bis zu 100 Männern. Die Eliteteams, genannt special-operations forces, sollen im letzten Jahr tausende von Operationen durchgeführt haben und dabei etwa 3.200 Aufständische getötet und weitere 8.000 gefangen genommen haben. Die Zahlen werden ohne jeden Zweifel daran genannt, dass es sich dabei um einwandfrei identifizierte Aufständische handelt, die Möglichkeit, dass sich darunter auch Kollateralopfer und/oder Zivilisten befinden, wird gar nicht erst angedeutet. Das war nicht immer so. Nach Jahren des Zweifels, so scheint es, gibt der erfolgreiche Angriff in Abottabad - trotz miserabler politischer Öffentlichkeitsarbeit der Regierung - dem Militär die Gelegenheit zu einem schwungvolleren Narrativ, das alte Zweifel hinter sich läßt.

Zumal der Angriff, wie geschichtlich interessierte Beobachter anmerken, wirkt wie eine gelungene Zuendeführung der Operation Eagle Claw, zu deutsch Unternehmen Adlerklaue: 1980 wollte der damalige demokratische Päsident Jimmy Carter die US-Botschaftsgeiseln in Teheran befreien. Damals gelang die Hubschrauber-Aktion nicht. Diesmal konnte Obama die Operation trotz eines Absturzes erfolgreich durchziehen.

Die wichtigste und erste Rechtfertigung für den Ausbau der Spezial-Kommando-Einheiten sei zwar die Jagd auf al-Qaida-Kämpfer und besonders Bin Ladens gewesen, so der WSJ-Bericht, es sei aber nicht sehr wahrscheinlich, dass ihre Mission mit dem Tod Bin Ladens beendet sei. Das Pentagon, so die Zeitung, wolle die Teams weiter verstärken und die Zahl der Einsätze vergrößern. "Die Liste der Ziele stapelt sich", wird ein sichtlich erfreuter US-Vertreter zitiert. Der alte Tatendrang ist wieder da:

"They are building their target lists and stacking them up. These guys have never been as busy as they are now."