Weichspüler beim WDR
Im öffentlich-rechtlichen Radio soll es weniger Politik geben, aber Widerstand formiert sich
Der WDR-Rundfunkrat, das Kontrollgremium des Öffentlich-Rechtlichen Senders, befasst sich in seiner Sitzung am 2. März 2012 ausnahmsweise nicht mit dem Fernsehen, also mit der Besetzung von Spaßsendungen oder Talkshows, sondern mit politischer Information. Dafür waren die WDR-Rundfunkprogramme früher einmal bekannt. Doch dieses "Radio der 70er Jahre" so die Formulierung des in der Kritik stehenden Hörfunkdirektors Wolfgang Schmitz, ist bei den Hierarchen des WDR nicht mehr gefragt.
Nachdem bereits die politische Kommentar-Sendung "Kritisches Tagebuch" abgeschafft wurde, will WDR-Intendantin Monika Piel ( Jahresgehalt 308.000 Euro) das Programm noch weiter entpolitisieren.
Gegen die weitere Entpolitisierung des Rundfunkprogramms und weitere Kürzungen im Kulturprogramm richteten WDR- Autoren gemeinsam mit ehemaligen Redakteuren einen Offenen Brief an die Intendantin, den mittlerweile mehr weit über 4.000 Kulturschaffende unterzeichnet haben. Darin kritisieren die Initiatoren um den langjährigen Redakteur des WDR Lothar Fend, Münster, die beabsichtigte "Streichung von täglich 32 Minuten politischer Berichterstattung im 'Journal', das Verschwinden eines wöchentlichen Feature-Platzes für Musik und Literatur, die Verwandlung des werktäglichen aktuellen Kulturmagazins 'Resonanzen' in ein Wiederholungsprogramm und das Aus für das sonntägliche Auslandsmagazin 'Resonanzen weltweit' - um nur einige der als Organisationsreform angekündigten 'Kleinigkeiten' zu nennen." Zu den Unterzeichnern gehören auch der Kölner Schriftsteller Günter Wallraff, der Kabarettist Wilfried Schmickler und die Journalistin Elke Heidenreich.
Gegenüber Telepolis erklärte ein Sprecher des WDR, die beabsichtigen Programmänderungen bedürften weder der Zustimmung des Rundfunkrates noch der des Programmbeirates. Zumindest der am 2. März tagende WDR-Rundfunkrat will trotzdem darüber diskutieren. Einige seiner Mitglieder werfen der WDR-Leitung vor, mit vielen kleinen, nicht zustimmungspflichtigen Änderungen im Ergebnis das gesamte Programm umkrempeln zu wollen.
Oliver Keymis, Landtagsabgeordneter der Grünen in NRW und Mitglied des WDR-Rundfunkrates nimmt den Offenen Brief und die vielfach an ihn herangetragene Kritik an den geplanten Änderungen im Programm von WDR 3 sehr ernst. Mit einer Popularisierung des inhaltlichen Programms sei keinem gedient. Der WDR müsse, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk überhaupt, sein Profil bewahren. Die im Offenen Brief geäußerte Kritik werde auch von zahlreichen Mitarbeitern des WDR getragen, auch wenn diese den Brief nicht unterzeichnet hätten. Er werde in seiner Funktion als medienpolitischen Sprecher der Grünen auch mit den Initiatoren des Offenen Briefes ein Gespräch führen, so Keymis gegenüber Telepolis.