Gekaufte Kuba-Politik

Mitglieder des US-Kongresses und Kandidaten haben in den letzten Jahren rund elf Millionen Dollar aus dem kubanischen Exil erhalten.

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Mitglieder des US-Kongresses und Kandidaten für poltische Ämter in Senat oder Abgeordnetenhaus haben in den vergangenen Jahren Millionengelder von rechtsgerichteten Organisationen des kubanischen Exils offenbar dafür kassiert, dass sie eine Annäherung zwischen Washingon und Havanna verhindern. Das geht aus einem Bericht der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Public Campaign hervor, die Auswirkungen der Parteifinanzierung auf das parlamentarische System in den Vereinigten Staaten untersucht.

Dem Report zufolge haben sogenannte Politische Aktionskomitees (political action commitees, PACs) seit dem Jahr 2004 exakt 10.777.692 Millionen US-Dollar an 53 Kongressmitglieder und 337 Anwärter auf ein politisches Amt in Washington gezahlt. Federführend bei der Kanalisierung der Gelder kubanischer Exilgruppen war der Untersuchung zufolge die Gruppe US-Cuba Democracy.

Zu den Begünstigten zählen alle drei Kongressabgeordnete der Republikanischen Partei für den US-Bundesstaat Florida und auch der gescheiterte Präsidentschaftskandidat dieser Gruppierung, John McCain, der von kubanischen Exilgruppen den offiziellen Aufzeichnungen zufolge 183.416 US-Dollar für seinen Wahlkampf empfing. Der rechtsgerichtete Abgeordnete Lincoln Diaz-Balart empfing 366.964 US-Dollar, die Abgeordnete Ileana Ross-Lehtinen strich 240.050 US-Dollar dokumentierter Gelder aus dem Kuba-Exil ein. Die beiden letztgenannten Politiker sind als radikale Gegner einer Normalisierungspolitik zwischen den USA und Kuba bekannt und plädieren gar für eine weitere Verschäfung der Kuba-Blockade Washingtons.

Aber nicht nur die traditionell konservativ ausgerichteten Republikaner wurden im Untersuchungszeitraum mit Zahlungen kubanischer Exilorganisationen bedacht. Nach der Auflistung von “Public Campaign” folgen auf die genannten Republikanischen Politiker Vertreter der Demokratischen Partei von Präsident Barack Obama. Die Zahlungen an die Demokraten seien um rund 50 Prozent erhöht worden, nachdem diese Partei nach den Zwischenwahlen 2006 die Kontrolle über die beiden Kongresskammern erlangt hatte. Auch der Parteilose Joseph Lieberman habe Geld aus dem kubanischen Exil erhalten, heißt es in dem Bericht der Nichtregierungsorganisation.

Der Kampagnenchef von “Public Campaign”, David Donnelly, bezeichnet das System der Parteifinanzierung in den USA als eine “ungewollte Falle”. Weil Politiker oder Anwärter auf einen politschen Posten in den Vereinigten Staaten auf die finanziellen Zuwendugen angeweisen sind, um einen erfolgreichen Wahlkampf führen zu können, bliebe ihnen gar nichts anderes übrig, als den politischen Vorgaben ihrer Spender zu folgen. Eben dies kann der “Public-Campaign”-Bericht für die US-amerikanische Kuba-Politik der vergangenen Jahre nachweisen. Mindestens 18 Mitglieder der Legislative haben nach den Zuwendungen für ihre Wahlkampagnen ihre Position zu Kuba geändert und sind auf die Linie der rechten Exilhardliner eingeschwenkt. Bei sieben dieser dokumentierten Fälle stand die Änderung des Abstimmungsverhaltens in direktem zeitlichen Zusammenhang mit den Zahlungen der Exilkubaner. Insgesamt waren an 53 Kongressmitglieder rund 850.000 US-Dollar geflossen.

Deutlich wird durch den Rapport, wie die Kampagnenfinanzierung von politischen Interessengruppen der demokratischen Funktion des Systems in den Vereinigten Staaten entgegensteht. Der Korrespondent der spanischen Tageszeitung El País in Miami, Juan-José Fernández, verweist in einem Beitrag über die regierungsunabhänge Untersuchung auf eine Umfrage des Instituts “World Public Opinion”. Dabei sprachen sich 70 Prozent der befragten US-Amerikaner für einen Wandel der Politik gegenüber Kuba und für eine Aufhebung der nach wie vor bestehenden Reisebeschränkung für US-Amerikaner aus. Die Abgeordneten, die Zahlungen von Exilgruppen erhalten hatten, protestierten unlängst in einem Brief an die Kongresspräsidentin Nancy Pelosi eben gegen diese Forderung.