Japan: Geschichtsrevisionismus empört Nachbarn

Bürgermeister von Osaka relativiert mit kruden Argumenten japanische Kriegsverbrechen

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Toru Hashimoto, rechter Bürgermeister der japanischen Metropole Osaka, kann es nicht lassen. Geschichtsrevisionismus gehört offenbar zu seinen liebsten Beschäftigungen. Wie die Zeitung Mainichi Shimbun in ihrer englischsprachigen Internetausgabe berichtet, behauptete er dieser Tage in einer öffentlichen Rede, die Soldaten der alliierten Truppen hätten nach ihrer Landung in der Normandie im Juni 1944 französische Frauen vergewaltigt, weshalb Bordelle für die Soldaten eingerichtet worden seien.

Hashimoto ist Ko-Vorsitzender der weit rechts stehenden Partei Nippon Ishin no Kai (Versammlung zur Erneuerung Japans). Hintergrund seiner haarsträubenden Äußerungen ist das Bestreben, die Verbrechen des japanischen Militärs vor und während des Zweiten Weltkriegs herunter zu spielen und zu verharmlosen. Ab 1937 war auf Anordnung des japanischen Kaisers das System der Militärbordelle ausgebaut worden, in denen über 200.000 junge Frauen aus den Kolonien und besetzten Gebieten versklavt und zur Prostitution gezwungen wurden.

Japan hat sich zwar nach langem Zögern 1993 für diese Verbrechen entschuldigt, aber den Opfern bisher keine Entschädigung gezahlt. Zudem haben hochrangige Regierungsmitglieder in den vergangenen Jahren immer wieder in Frage gestellt, ob es die vielfach belegten Verbrechen überhaupt gegeben habe. Zuletzt hatte der seit Dezember 2012 regierende Premierminister Shinzo Abe in seinem Wahlkampf für eine offizielle Rücknahme der Erklärung von 1993 geworben. Dies ist zwar bisher nicht erfolgt, allerdings hat seine Regierung im letzten Winter, wie seinerzeit berichtet, erste Schritte in diese Richtung unternommen.

Vor einem guten Jahr hatte Hashimoto für erhebliche internationale Proteste gesorgt, als er das System der Trostfrauen, wie die Zwangsprostituierten verharmlosend genannt werden, als militärische Notwendigkeit bezeichnet hatte. Zwei überlebende koreanische Betroffene hatten daraufhin ergebnislos seinen Rücktritt gefordert. Eine von ihnen berichtete, sie habe an Wochentagen im Schnitt 15 Soldaten befriedigen müssen und an den Wochenenden noch mehr.

In Südkorea aber auch auf den Philippinen erinnern immer wieder Frauenrechtsgruppen und andere Organisationen gemeinsam mit den letzten Überlebenden an die japanischen Kriegsverbrechen und fordern von der Regierung in Tokio – mit der Unterstützung japanischer Gruppen –, zu ihrer Verantwortung zu stehen. Auch in China ist das Thema der verschleppten Frauen nach Jahrzehnten des mehr oder weniger verschämten Verschweigens inzwischen im öffentlichen Bewusstsein angekommen.

Hashimoto versucht die Kritik hingegen als "westlich" abzutun. Auf seine Anregung hin soll in Osaka ein "Institut für das Studium der neueren Geschichte" eingerichtet werden. Dessen Aufgabe beschreibt der 43-Jährige so: "Die Europäer und Amerikaner (Westerners) erzählen uns 'Japan hatte Sexsklavinnen'. Wir brauchen Japaner, die gegenhalten und sagen können: 'Wir haben schlimme Sachen gemacht, aber ihr auch.'“