Mindestens 1,1 Milliarden Mehrkosten für Stuttgart 21

Stuttgart-21-Bauarbeiten. Grafik: Stoeffler. Lizenz: CC BY 3.0.

Bahn-Vorstand will trotzdem noch nicht aussteigen

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Bis vor kurzem kommunizierte die Konzernführung der Deutschen Bahn AG einen "Kostendeckel" in Höhe von 4,5 Milliarden Euro für die Tieferlegung des Stuttgarter Bahnhofs. Kritiker gingen allerdings davon aus, dass es sich damit verhält wie bei anderen Großprojekten mit Staatsbeteiligung und dass diese Schwelle im Laufe der Zeit deutlich überschritten werden dürfte.

Gestern war es dann auch offiziell soweit: Das Unternehmen verkündete nach Sitzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats, dass 1,1 mehr fällig werden. Als Gründe dafür führt man unter anderem Planungsfehler in der Vergangenheit auf. Der Spiegel nennt unter Berufung auf ein McKinsey-Gutachten sogar die (angeblich nur intern kommunizierte) Steigerungssumme von 2,3 Milliarden Euro. Ob es bei den nun im Raum stehenden 5,6 bis 6,8 Milliarden Euro bleibt, ist allerdings insofern offen, als noch nicht einmal die 60 Kilometer Tunnelbauarbeiten begonnen haben.

Vor drei Jahren hatte die Bahn 4,769 Milliarden Euro noch als "absolute Risikobegrenzung" gewertet und verlautbart, Steigerungen darüber hinaus würden in ein Verlustgeschäft für das Unternehmen münden, weshalb sie vollständig vom Steuerzahler übernommen werden müssten. Nun rechtfertigt man das Abweichen von der damaligen Aussage mit einem aus der Eurokrise bekannten Argument: Angeblich immensen Kosten, die ein Abbruch des Projekts verursachen werde. Von der konkreten Höhe dieser Ausstiegskosten, die sich unter anderem aus Schadensersatzforderungen beteiligter Firmen ergeben, existieren jedoch sehr unterschiedliche Vorstellungen: Bahnvertreter sprechen von zwei Milliarden Euro, Kritiker des tiefergelegten Bahnhofs von lediglich 500 Millionen.

Der Bahn-Vorstand hat dem Aufsichtsratssitzung nahegelegt, dass das Unternehmen die prognostizierten Mehrkosten entgegen der vorherigen Auskünfte zur Wirtschaftlichkeit selbst trägt, wenn die baden-württembergische Landesregierung bei ihrem Wahlversprechen bleibt und den Zuschuss aus Steuergeldern nicht erhöht. Aussagen des SPD-Landesfraktionschefs Claus Schmiedel deuten jedoch darauf hin, dass man über Tricks wie neue Sondertöpfe für den Bahnhof am Landesflughafen und für Zusatzkosten aus dem Schlichtungsvorschlag möglicherweise doch Steuergeld zuschießen könnte. Das jedoch stößt auf Widerspruch bei den Grünen, für die gestern unter anderem der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer anhand der neuen Zahlen erneut den Ausstieg aus Stuttgart 21 forderte.

Auch der SPD-Justizminister Rainer Stickelberger sorgt im Zusammenhang mit Stuttgart 21 für Krach in der grün-roten Koalition: Hans-Ulrich Sckerl, der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, sieht ihn in der Verantwortung für Hausdurchsuchungen bei Stuttgart-21-Gegnern, an deren Verhältnismäßigkeit es erhebliche Zweifel gibt. Ein ehemaliger Beamter des Landeskriminalamtes, dem der Verrat von Dienstgeheimnissen an Demonstranten vorgeworfen wird, hat deshalb über seinen Rechtsanwalt Verfassungsbeschwerde eingelegt und ein Richter im Ruhestand machte öffentlich bekannt, dass die Behörden vor der Durchsuchung seiner Wohnung nicht einmal fragten, ob er Unterlagen freiwillig herausgeben würde.

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